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NSN Pressemitteilung – Ein Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter

erstellt von gimli zuletzt verändert: 14.04.2012 16:55
Offensichtlich hat die von NSN geforderte Mehrheit der betroffenen Mitarbeiter den Aufhebungsvertrag mit Wechsel in die Transfergesellschaft unterschrieben. Doch dies ist kein Grund für Jubelmeldungen in den Online-Schlagzeilen.

14.04.2012 von Inken Wanzek / Christine Rosenboom (http://blog.nci-net.de)

Offensichtlich hat die von NSN geforderte Mehrheit der betroffenen Mitarbeiter den Aufhebungsvertrag mit Wechsel in die Transfergesellschaft unterschrieben. Doch dies ist kein Grund für Jubelmeldungen in den Online-Schlagzeilen.

In der NSN-Pressemitteilung vom 13.04.2012 heißt es: „Wie mit der IG Metall im vergangenen Monat vereinbart, war die Annahme dieses Angebots durch eine klare Mehrheit der betroffenen Mitarbeiter die Voraussetzung für den Verbleib des Unternehmens in München“. Doch es war keine Abstimmung an Wahlurnen, wie dieser Text Außenstehenden suggeriert. Es war keine freie Entscheidung, sondern eine erzwungene Mehrheit.

NSN hat in München mit Hilfe der IG Metall und des Betriebsrats ein Exempel statuiert und war damit erfolgreich. Dieses Modell, das entscheidende soziale Errungenschaften im Arbeitsrecht, die schwer erkämpft worden sind, mit einem Schlag zunichte macht, wird nun überall in Deutschland Schule machen. Der Abschluss vom 04.04.2012 stellt die eiskalte Form des amerikanischen Hire and Fire dar. Wobei das Hire nur im Ausland stattfindet. Nach deutschem Arbeitsrecht ist dieses Prinzip eigentlich nicht möglich, dennoch wurde es hier und heute mitten in Deutschland realisiert. Eine soziale Lösung für die betroffenen Mitarbeiter ist dies absolut nicht.

Schon allein die Art, wie dieser Abbau durchgeführt wurde, wurde von Vielen als kalt und unmenschlich empfunden. Ohne Vorwarnung, manche noch in Arbeit ertrinkend, bekommen die Mitarbeiter per E-Mail mitgeteilt, dass sie bis zum Ende des Monats den Arbeitsplatz zu räumen haben, oder sie würden gekündigt und bekämen dann überhaupt keine Abfindung mehr. Das Management besitzt noch nicht einmal den Anstand, dies den Betroffenen in Trennungsgesprächen persönlich mitzuteilen.

Um der Fürsorgepflicht nachzukommen genügt es nicht, am 3. Februar an die Führungskräfte eine E-Mail zu verschicken mit Betreff „Erreichbarkeit der Sozialberatung“ und diesen zu sagen „Bitte lasst eure Mitarbeiter bei Bedarf davon wissen“.

Über den Köpfen der Mitarbeiter hängt wie ein Damoklesschwert die Kündigungsdrohung und gleichzeitig die Drohung, wenn nicht mindestens 90 Prozent zustimmen würden, dann würde der ganze Standort geschlossen. Ihnen wird ein kurzfristiges Ultimatum gesetzt bis ausgerechnet Freitag, den 13., High Noon. Keine Zeit für klärende Gespräche mit Steuerberatern, Rentenberatern, der Krankenkasse, dem Arbeitsamt und dem Rechtsanwalt. Es ist Ostern, das höchste christliche Fest.

Dann werden die Mitarbeiter aufgefordert, ihren Urlaubsanspruch und ihre Plusstunden, von denen manche mehrere Hundert haben, bis Ende April abzubauen. Damit kommt die Trennungs-E-Mail einer fristlosen Kündigung gleich. Nach 25, 30 oder sogar 35 Jahren in der Firma müssen die Mitarbeiter innerhalb einer Woche ihren Arbeitsplatz räumen. Es bleibt nicht einmal Zeit, sich von den Kollegen richtig zu verabschieden. Die Mitarbeiter werden mit einem Fußtritt auf die Straße gesetzt, wohl wissend, dass sie mit über 50 Jahren kaum noch Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz haben werden. So behandelt man Menschen nicht und schon gar nicht Menschen, die viele Jahre oder sogar ihr gesamtes Berufsleben bei Siemens verbracht und diesem Unternehmen zu seinem Erfolg verholfen haben.

Es wundert nicht, dass die Quote erreicht wurde. Die Mitarbeiter hatten keineswegs eine freie Entscheidung, denn die einzige Alternative, die es zur Transfergesellschaft gab, war eine Kündigung ohne jegliche Abfindung in einer Situation, in der eine Kündigungsschutzklage nahezu aussichtslos ist.

Die Mitarbeiter wurden durch die Androhung einer Kündigung ohne Abfindung genötigt, den Vertrag zu unterschreiben, ansonsten wären sie sofort in die Arbeitslosigkeit und ein Jahr später in Hartz IV gefallen und das hätte ihnen einen erheblichen finanziellen Schaden zugefügt. Von Wahl, geschweige denn Wahlfreiheit kann hier keine Rede sein. Wenn man das Wort alternativlos gebrauchen kann, dann hier.

Auch für die verbleibenden Mitarbeiter sind die Aussichten schlecht, denn jedem von ihnen dürfte klar sein, dass das was nach diesem Kahlschlag in München übrigbleibt, keine Zukunftsperspektive über mehr als 1,5 oder 2 Jahre hinaus hat. Die angebliche Standortsicherung für drei Jahre steht unter dem Vorbehalt, dass sich die wirtschaftliche Lage von NSN nicht verschlechtert. Kein Kahlschlag seit Gründung von NSN hat bisher die sich stetig verschlechternde wirtschaftliche Lage aufhalten können. Warum sollte es jetzt anders sein, wo wieder empfindliche Lücken gerissen wurden und die letzte Motivation der Mitarbeiter durch diesen Abschluss vernichtet wurde? Denn jeder weiß jetzt, wie man mit ihm bei der nächsten Abbauwelle umgehen wird.

Die Jubelmeldungen in der Presse, gespeist durch NSN und die IG Metall, sind ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Mitarbeiter. Denn sie wissen, dass dieser Deal ein Scheinerfolg ist. Der Arbeitgeber hat alles erreicht, was er erreichen wollte, nur schneller und billiger. Der Standort Martinstraße wird geschlossen, er ist nicht erhalten geblieben, wie freudig in der Presse gemeldet.

Es besteht für keinen der 3.600 Mitarbeiter in München ein Grund, sich über diesen Deal zu freuen.

(8) Kommentare

Anonymer Benutzer 15.04.2012 10:11
Ich freue mich sehr, daß ich die Chance habe durch die beE einen neuen Arbeitsplatz (mit professioneller Unterstützung) zu finden. Dazu noch abgesichert während der folgenden 2 Jahre. Wer es nicht versteht, dies als Chance zu sehen, der ist selber Schuld. Und ich weiß, daß sich viele Kollegen und Kolleginnen über diesen Deal freuen, die Unterstellung, daß sich keiner der 3.600 MA darüber freut ist also eine Lüge.
Anonymer Benutzer 15.04.2012 12:29
Hee Du Glückspilz, schön für Dich, dass Du es schön findest, den Job zu verlieren. Auch wenn es andere gibt, die das anders sehen. Trotzdem wär' ich vorsichtiger mit dem Wort Lüge. Natürlich gibt es im HR Umfeld ein paar, die sich bei dem Deal gefreut haben, wenn sie sowieso auf dem Absprung waren.
Anonymer Benutzer 15.04.2012 12:23
Obwohl ich gerne in die beE gegangen wäre, anstatt in dieser unmenschlichen Firma weiterzuarbeiten (ich kann es mir leider nicht leisten meinen Arbeitsplatz für nichts aufzugeben), sehe ich, dass dieses katastrophale Verhandlungsergebnis geboren aus Opportunismus, Korrumpierbarkeit und Unfähigkeit der IGM das Arbeitsrecht in Deutschland ad absurdum führen wird. Es wird in Zukunft zwar dieses Recht geben, aber keiner wird es mehr durchsetzen (können). Die Mitglieder der Verhandlungskommission der IGM sollen in der Hölle schmoren.
Anonymer Benutzer 15.04.2012 19:36
Keiner wird gezwungen weiterhin für NSN arbeiten zu müssen, also hört mit dieser unsäglichen Jammerei auf und sucht euch einen neuen Job!
Anonymer Benutzer 22.04.2012 12:07
Es ist erstens keine Jammerei sondern eine Feststellung und objektiv dazu! Ausserdem ist hier von müssen keine Rede! Du bist wohl einer der BRs die sich eine komfortable Hängematte auf Kosten aller verpasst haben, such Du Dir doch einen neuen Job - dann wird der nächste Abbau vielleicht wieder ohne Namensliste dafür aber mit einem anständigen Sozialplan passieren.
Anonymer Benutzer 16.04.2012 18:40
Rajeev Suri - Man of the Year? - http://twitpic.com/9alh39
Anonymer Benutzer 16.04.2012 18:50
Ich wünsche Suri alles Schlechte was man nur wünschen kann!
Warmly regards and kick in your ass
Anonymer Benutzer 22.04.2012 12:09
Nicht nur ihm sondern allen Managern die ignorant und hochmütig über die Schicksale von Menschen hinweggehen ohne nur einen Gedanken daran zu verschwenden was ihr Handeln bewirkt. Mögen diese Leute allesamt in der Hölle schmoren und sollen sie dort fühlen müssen was sie jedem Einzelnen angetan haben!