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Pressemitteilung BR Stuttgart vom 1.Februar 2008

erstellt von Alcatel-Lucent zuletzt verändert: 16.08.2008 11:07
Nachfolgend dokumentieren wir die Pressemitteilung des Betriebsrat der Alcatel-Lucent Deutschland AG am Standort Stuttgart.

Gemeinsame Betriebsversammlungen an den Standorten Stuttgart, Nürnberg und Berlin

(Stuttgart, 1. Februar 2008): Allein am Standort Stuttgart haben mehr als 1000 Beschäftigte an der Betriebsversammlung teilgenommen. Der Vorstand hat dort nochmals, immer wieder unterbrochen durch Zwischenrufe der Belegschaft, den Abbau von 722 Arbeitsplätzen in Deutschland bestätigt. Am Ende der Betriebsversammlungen gingen die Belegschaften aus Protest gegen den erneuten Personalabbau nach Hause.

Vor ca. 22 Jahren wurden wir mit noch über 32.000 Beschäftigten von der CGE/Alcatel aufgekauft. Die SEL war damals ein prosperierendes und großes und bedeutendes Unternehmen. Heute sind wir nahezu bei einem Zehntel der Größe von damals angelangt.

Unsere neuen Herren haben uns kontinuierlich heruntergewirtschaftet - doch wir haben trotzdem nicht aufgegeben. Mit einer ständigen Gegenwehr haben wir noch Schlimmeres verhindert. Ohne diese Gegenwehr gäbe es uns in dieser Größe schon lange nicht mehr. Die Konzernspitze um Frau Russo ist auf Schlingerkurs. Wir werden schon wieder mit einer neuen Organisation konfrontiert. Die Halbwertszeit liegt inzwischen deutlich unter einem halben Jahr. Diese ständige Unruhe macht eine fruchtbare Arbeit mehr als schwer. Noch letztes Jahr wurde Enterprise zerteilt -heute hat man sich wieder eines besseren besonnen und führt es wieder neu zusammen. Die Devise lautet : heute hüh und morgen hott.

Allein in der Alu-AG sollen von 3820 Arbeitsplätzen 658 abgebaut werden. Das sind nochmals über 17 Prozent der Belegschaft in diesem Jahr. Damit soll für 2007/08 der ursprüngliche Abbau von 890 auf rund 1100 hochschnellen.

In Stuttgart, im Betrieb VS, sollen 2008 von 1582 Arbeitsplätzen 282 Kolleginnen und Kollegen abgebaut werden. Keine einzige Business Division der Business Groups kommt ungeschoren davon: der Abbau bewegt sich zwischen 14 Prozent beim Service und 64 Prozent bei Fixed Access. Das bedeutet, dass fast jeder fünfte gehen soll.Im vergangenen Jahr haben über 100 Menschen das Unternehmen verlassen.

Letztes Jahr wurden erheblich Überstunden gemacht und Flexistunden aufgebaut, die noch auf den Flexikonten stehen. Die Firma hat allein schon für die Monate Januar, Februar und März diesen Jahres ein großes Kontingent Überstunden angemeldet. Da passt doch nichts zueinander: Belegschaftsabbau auf der einen Seite und Überstunden auf der andern.

Eine Fehlplanung ersten Ranges - angeordnet von Frau Russo, bisher vom Vorstand gehorsam aufgenommen - von uns allerdings auszubaden und zu erleiden.

Die Wirtschaftsausschusssitzung wurde vorgestern von uns unterbrochen und vertagt, da wir nicht bereit sind, im Eilzugtempo den Belegschaftsabbau abzuhandeln und dann womöglich noch abzunicken. Sobald dem Wirtschaftsausschuss die vollständige Information vorliegt, werden wir Sie deshalb weiter informieren. Nur wenn wir uns wehren, gibt es auch ein hinnehmbares Verhandlungsergebnis. Das haben wir schon in der Vergangenheit bewiesen.

Herr Fouques, im letzten Jahr einer der Vetreter der Konzernzentrale im Aufsichtsrat, versprach uns gerechte Behandlung im Verhältnis zu anderen Ländern. Dies sehen wir nirgends: Verlagerungen von Entwicklungsaktivitäten in Niedriglohnländer oder auch Transfer der Repair Logistik nach Ormes in Frankreich, obwohl profitabel und äußerst erfolgreich.

Ein Jahr nach der Amputation des Bahnbereichs fordern wir deshalb nochmals endlich substanzielle kreative Ansätze. Eine Alternative sind sicherlich nicht ständig neue Personalabbauprogramme und häufig verfehlte Restrukturierungen. Sie kosten ein Heidengeld und sind bestenfalls ein riesiges Kapitalvernichtungsprogramm. Der Vorstand muss endlich auch seiner Fürsorgepflicht der deutschen Belegschaft gegenüber nachkommen, er darf nicht nur einseitig Befehlsempfänger der Konzernzentrale bleiben.

Zum wiederholten Male fordern wir ihn zur Erschließung neuer und zukunftsträchtiger Geschäftsfelder und Investitionen zur Standortsicherung auf. Durch die vom Vorstand vorgestellten Arbeitsplatzvernichtungsmaßnahmen wird der Betrieb Zentralbereiche besonders in folgenden Bereichen betroffen sein:

  • Bereich Controlling, Rechnungswesen und Finanzierung: Diese Bereiche sollen vor allem durch Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Rumänien getroffen werden. Außerdem werden zusätzlich Arbeitsplätze durch Einführung des Prinzipalmodells verloren gehen, da der Prinzipal nicht in Deutschland sein soll.
  • Einkauf >> Neudeutsch: Procurement: Auch in diesem Bereich sollen Aufgaben und Arbeitsplätze nach Rumänien verlagert werden.
  • Order Administration: Leider soll nun auch in diesem bisher vermeintlich ungeschorenen Bereich die Phase der Ruhe vorüber sein. Auch hier soll in erheblichem Umfang Arbeit nach Polen oder Rumänien gehen.
  • Rechtsabteilung, Personalabteilung und IS/IT: Selbst in diesen Bereichen sollen Arbeitsplätze verloren gehen.
  • Forschungszentrum: Obwohl dies kaum vorstellbar ist, soll auch in diesem Bereich abgebaut werden. Hier sollen vor allem die Supportfunktionen betroffen sein, was mittelbar auch die Arbeit der Forsche­rinnen und Forscher beeinträchtigen wird.

Alles in Allem könnte dieses Horrorszenario bedeuten, dass in den Zentralbereichen von derzeit ca. 460 Kolleginnen und Kollegen 69 Menschen ihre Existenz verlieren sollen. Fast alle Bereiche unseres Betriebes sollen nach den Vorstellungen des Vorstandes und des Konzerns vom Kahlschlag betroffen sein. Wir akzeptieren diese Planung des Arbeitgebers nicht. Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen. In Frankreich wurden im letzten Jahr hunderte von Arbeitsplätzen durch heftige Gegenwehr erhalten und sogar neue Funktionen aufgebaut. Nur wer sich wehrt, kann erfolgreich sein - wer es nicht tut, dem werden zusätzliche Lasten aufgebürdet. Wir müssen aufpassen, dass dies nicht bei uns passiert.

Wer sich nicht lautstark wehrt, wird nicht gehört - schon gar nicht in der fernen Konzernzentrale ob in Paris oder New Jersey. Unsere Gegenwehr muss weltweit sichtbar werden: Abwarten würde nur als Schwäche ausgelegt und zu noch Schlimmerem ermutigen.

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