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04.02.2010

„Betriebsbedingte Kündigungen akzeptieren wir nicht“

von Alcatel-Lucent — Letzte Änderung 04.02.2010 14:55

Am 2. Februar 2010 gab es vom Betriebsrat eine Informationsveranstaltung in der Kantine. Thema: Stand der Verhandlungen für einen Interessenausgleich / Sozialplan und welche Verhandlungsposition der Nürnberger Betriebsrats dazu vertritt.

Zunächst berichtete der Betriebsratsratsvorsitzende, dass es bis jetzt drei Treffen mit Firmenvertretern gegeben hätte. In den ersten zwei Gesprächen wurde eher sondiert, das gestrige (1.02.) ging mehr ins Detail. Die Firma möchte 3 Interessenausgleiche abschließen:

  • für das Outsourcing von S12 zu Nash Technologies
  • für die gesamte Firma in Deutschland und
  • für die KollegInnen, die von der Einführung des „Prinzipalmodells“ betroffen sind

Die Firma wolle in den Interessenausgleich unbedingt mit einbringen, dass sie betriebsbedingt kündigen können. Diese Kündigungen sollen „teilweise“ im zweiten und dritten Quartal erfolgen. Nach Firmenwunsch solle dies bis zum ersten Quartal 2011 gehen.

Die KollegInnen von S12 sollen einen „Retention Bonus“ bekommen. Der Betriebsratsvorsitzende erwähnte jedoch nicht, welche Summe gerade im Gespräch ist.

Dir Firma möchte die ganzen Verhandlungen „so schnell wie möglich“ beenden, sprich nächste Woche sollen sie abgeschlossen sein. Die Firma drohe mit zwei Szenarien:

  • die nächsten Quartalszahlen seien so schlecht, dass es noch mehr Entlassungen geben können und
  • wenn nicht schnell genug verhandelt wird, würde eine Einigungsstelle einberufen werden. Laut des Betriebsratsvorsitzenden sei die Einigungsstelle verbindlich und da könnten dann auch betriebsbedingte Kündigungen drin stehen.

Forderungen des Betriebsrats Nürnberg

Von den 60 Leuten, die in Nürnberg abgebaut werden sollen, sind, nach Information des Betriebsrats, noch 19 Menschen betroffen.

Die Forderungen des Betriebsrats Nürnberg bzw. seine Ziele seien:

  • Reduzierung der Abbauzahl
  • keine betriebsbedingte Kündigungen, sie pochen auf „Freiwilligkeit“
  • alle, die in die Altersteilzeit gehen, sollen auf die Abbauzahl angerechnet werden
  • Beschäftigungssicherung über 2010 hinaus
  • Insourcing, um Stellen zu retten
  • sollte ein Sozialplan verabschiedet werden, sollen die Konditionen darin mindestens so gut sein, wie im „Freiwilligenprogramm“
  • Outplacement bis zum Erfolg, sprich bis zur neuen Einstellung
  • Umschulungen sollen vollständig finanziert werden
  • Schwerbehinderte dürfen nicht abgebaut werden

Am 4. Februar und am nächsten Montag sollen die Verhandlungen weitergehen.

Danach berichtete die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende u.a., dass es in den Gesprächen mit der Firma um Kostenreduzierung gehe und diese immer auf Personalabbau fokussiert sei. Sie erwarte Innovationen vom Vorstand, d.h. auch Möglichkeiten zu überdenken, um die Kosten auf andere Art und Weise zu reduzieren. Sie führte einige Beispiele auf.

Anschließend gab es ein paar Fragen und Antworten von den KollegInnen, die wir hier stichpunktartig wiedergeben.

Fragen und Antworten

Frage: Gibt es noch die Möglichkeit, einen Auflösungsvertrag abzuschließen?

Antwort: Ja

Frage: Wäre die Eignungsstelle für uns doch noch eine Möglichkeit?

Antwort: Wir können nur spekulieren. Wir haben es aber nicht in der Hand.

Frage: Sind nur bestimmte Bereiche vom Abbau betroffen?

Antwort: Außer OND (wegen der Kurzarbeit) sind viele Bereiche betroffen

Frage: Gibt es nicht bei betriebsbedingte Kündigungen die soziale Auswahl über den gesamten Standort?

Antwort: Ja - so die Theorie.

Frage: Wäre es nicht sinnvoller für den Standort Nürnberg, die Verhandlungen platzen zu lassen? Die Firma wäre nicht daran interessiert, eine firmenweite soziale Auswahl durchführen zu müssen.

Antwort: Nur vorstellbar wenn die Firma nicht bereit ist, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.

Frage: Sehr viel Aufwand für den Abbau von 19 Leuten. Wieviel sollen in Stuttgart gehen? Haben wir eine Chance bei den Verhandlungen oder sticht das Ergebnis aus Stuttgart?

Antwort: Mit 19 liegen wir an der Spitze, was die Abbauzahlen anbelangt. Nur die Zahl für das Prinzipalmodell ist größer.

Zur letzten Frage gab es einen Einwand von der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzende. Man dürfe die Zahlen nicht getrennt sehen. Wegen der Einführung des Prinzipalmodells sollen 60 Menschen ihren Job verlieren. Abgebaut werden soll ab dem dritten Quartal 2010. Auch andere Abteilungen wie Order Administration könnten dadurch betroffen sein.

Zum anderen gehe S12 uns allen an. Man spreche vom „Sündenfall Nürnberg“. Das komme daher, dass die Kollegen, die damals zu Nash gegangen sind, sich hart aufgestellt hätten und für sich einiges finanziell erreicht haben. Bei dieser „Outsourcing-Wut“ könne es sein, dass wir wieder mal betroffen werden. Daher müsse man solche „Standards“ nicht unbedingt aufgeben.

Der Betriebsratsvorsitzende erwähnte abschließend, der BR würde die Verhandlungen so weiter führen, da es keinen Widerspruch zum Vorgehen des BRs gegeben hätte.

Unsere Fragen

Was hat es mit der Einigungsstelle auf sich? Für den Interessensausgleich ist eine Einigungsstelle nicht bindend, nur für einen Sozialplan. Man könnte auch sagen, dass im Sozialplan „das Geld geregelt“ wird.

Wir haben derzeit nur die Position des BR Nürnberg gehört, aber nicht die des GBRs. Wie ist eigentlich deren Verhandlungsposition. Was ist mit den nicht erwähnten Forderungen des Betriebsrats?! Wo ist die BR-Forderung bezüglich einer Grundsicherung geblieben?

Die Nash Tech Ergebnisse wurden von den KollegInnen selber erreicht. (Siehe die Artikel über Nash Technologies) Der GBR hat bewusst dagegen gearbeitet, warum auch immer. Ist NashTech eine Zukunft für S12 oder eine Entsorgung auf Raten?

Wird es bald schon wieder ein rechtlich wertloses Eckpunktepapier geben?

Fazit

Die Lage ist nach wie vor kritisch auf dem Arbeitsmarkt – es gibt nur wenige Jobs.

Was ist dran an den Drohungen der Firma? Will sie Angst schüren, um ihre Ziele möglichst schnell zu erreichen oder macht sie wirklich ernst. Würde sich der Aufwand für die Firma lohnen??

Machen wir uns doch nicht vor: ALU bekommt keine Sozialauswahl hin, denn sie will ja ganz bestimmte Personen loswerden. Für die Betroffenen, die keine sichere Alternative zu ALU haben, gibt es nur den Weg einer Kündigungsschutzklage, falls die Firma tatsächlich betriebsbedingt kündigt.

Erfolgreich gegen Kündigungen vorzugehen, ist möglich. Ein gutes und sehr erfolgreiches Beispiel ist das Mitarbeiternetzwerk NCI, das 2003 bei Siemens München entstand. Auf dessen Website findet man außerdem auch viele nützliche Informationen zum Thema Kündigungen.

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