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Das Pilotprojekt – Licht und Schatten

by Alcatel-Lucent posted on 23.04.2008 23:06 last modified 24.04.2008 00:47 —

Wie eine Firma ein langjähriges, erfahrenes Projektteam ohne viel Aufwand billig los bekam, die verbleibenden Restaktivitäten des Projekts sicherte und dabei nach innen – fast - „sozial“ wirkte. Eine Erfolgsstory?

Das Projekt Anymedia läuft dieses Jahr aus, doch Zukunftsprojekte wurden den Kollegen nicht angeboten, obwohl solche vorhanden waren (ISAM). Nichtsdestotrotz muß Alcatel-Lucent (ALU) die Anymedia-Verträge der Kunden weiterhin einhalten.

Die geniale Lösung aus Firmensicht lautet: OUTSOURCING. Dadurch schlägt diese nämlich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Entsorgung einer Abteilung mit einem relativ hohen Altersdurchschnitt und die gleichzeitige Fortführung der Aktivitäten für das auslaufende Projekt. Die Outsourcing-Firma und der Übergabezeitpunkt wurden bereits von ALU Wochen zuvor bestimmt und von Fechner als „Change des Jahres“ präsentiert. Es fehlte nur noch die Zustimmung der MitarbeiterInnen.

Das Outsourcing sollte innerhalb weniger Wochen nach BGB §613a umgesetzt werden. Die indische Firma Wipro war für diesen Handel auserkoren worden. Dabei sollten die KollegInnen ohne Abfindung und Arbeitsplatzgarantie übergehen. Das laufende Personalprogramm hatte man leider für die 33 betroffenen KollegInnen ausgeschlossen, da Wipro diese komplett übernehmen wollte/sollte. Mit einer Kündigung wurde denjenigen gedroht, die diesem Übergang widersprechen.

Trotzdem waren die KollegInnen nicht bereit, sich so billig abspeisen zu lassen. Sie wollten das Risiko der bestehenden Unsicherheit finanziell abgesichert haben. ALU blieb vorerst stur, da sich laut Firma, nach BGB §613a, für die KollegInnen ja nichts ändern würde (Gehalt, Urlaub, etc.). Einige KollegInnen sahen dies durchaus anders. Vieles war unklar: z. B. welche Projekte kommen nach AnyMedia, Organisationstruktur der neuen Firma, Arbeitsbedingungen, u.v.a.m. Da die KollegInnen das Personalprogramm nicht in Anspruch nehmen durften, forderten sie vergleichbare Bedingungen als ihren Preis für den Betriebsübergang.

ALU bot daraufhin 9 Monatsgehälter als Einmalzahlung, zahlbar in 2009, an. Mehr war laut Fechner nicht drin – so sagte er...

Licht

Die KollegInnen wollten aber mehr. Es fand eine Abstimmung bei den 33 Betroffenen statt. Ergebnis: 85% wollten mit 18 Bruttomonatsgehältern (BMG) übergehen, 70% mit 15 BMG.

ALU wurde vom Betriebsrat über das Abstimmungsergebnis informiert. Das Resultat der Firma war ein Angebot über 14 BMG, das von den KollegInnen letztendlich angenommen wurde.

Dieses Ergebnis wurde in einer Betriebsvereinbarung bzw. in einem Interessenausgleich vertraglich festgehalten. Die zwei wesentlichen Punkte der Vereinbarung sind eine Beschäftigungssicherung bis 31.08.2009 und die gestaffelte Zahlung der 14 Monatsgehälter. Außerdem wurden Betriebsvereinbarungen, Boni, Gleitzeitkonten, Altersversorgung, usw. geregelt.

Schatten

Aber – dort wo Licht ist, ist auch Schatten.

Aus unterschiedlichen Gründen widersprachen dennoch 8 KollegInnen dem Betriebsübergang. Nur einige Gründe als Beispiel sollen hier genannt werden:

  • Wipro Technologies war zum Zeitpunkt des Übergangs im Handelsregister nicht eingetragen.
  • Anymedia soll September 2008 auslaufen. Welche Nachfolgeprojekte hat Wipro vorzuweisen?
  • Die Organisationsstruktur von Wipro ist nicht transparent.
  • Die KollegInnen von NSN Berlin haben bereits einen solchen Betriebsübergang zu Wipro abgelehnt.
  • Angst vor einer weiteren „BENQ“-Pleite
  • Was geschieht bei Insolvenz?
  • Als Leiharbeitnehmer bei Wipro überall in Europa eingesetzt zu werden. („Bodyshopping“ - http://en.wikipedia.org/wiki/Body_shopping)

Anders ausgedrückt: Die Zukunft bei Wipro ist alles andere als klar und sicher.

Der Übergang der Anymedia-R&D-Abteilung ist ein Pilotprojekt. Gegenwärtig gibt es Geheimverhandlungen über die Zukunft vom Mobility-Bereich. Ob es für diesen nun letztendlich Wipro, „Fa. Meier“ oder „Fa. Huber“ wird ist z.Z. nicht bekannt. Nur soviel ist sicher: Es ist Fechners erklärtes Ziel, R&D-Bereiche auszulagern. Es könnte also noch zu weiteren Ausgliederungen kommen.

Resümee

Bei diesem Outsourcing hat die Firma sich als „sozial gerecht“ darzustellen versucht, sprich der Übergang zu Wipro war die Firmen-Alternative zu Kündigungen. Allerdings stimmt das so nicht!

ALU braucht nach wie vor die Leistung und das Know-How der betroffenen KollegInnen. Entlassungen hätten dazu geführt, daß bestehende Aufträge nicht erfüllt werden können.

Zum anderen ist Outsourcing keine soziale Tat. Hinter Outsourcing versteckt sich der Wunsch einer Firma, Kosten zu reduzieren und eine zukünftige Leistung eine Zeit lang einzukaufen. Wenn diese Leistung irgendwann nicht mehr benötigt wird, muß sich das Unternehmen nicht mit den Konsequenzen herumschlagen. So einfach ist unternehmerisches Handeln.

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