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Wie alles begann

erstellt von Wolfram Polar zuletzt verändert: 18.08.2008 11:29

Am 3. November 2004 teilte die Geschäftsleitung des Braunschweiger Zeitung Verlages dem Betriebsrat mit, dass drei Abteilung des Braunschweiger Zeitung Verlages geschlossen werden. Es handelt sich um die Druckvorstufe (Anzeigengestaltung, Arbeitsvorbereitung, Korrektorat und Plattenkopie), betroffen sind 47 MitarbeiterInnen. Weiterhin ist es die Texterfassung und Bildbearbeitung und die TAA (Telefonische Anzeigen Annahme). Bei der Texterfassung und Bilbearbeitung sind 15 MitarbeiterInnen betroffen, bei der TAA 12 MitarbeiterInnen. Die Geschäftsleitung begründet diesen Schritt mit "notwendigen Strukturanpassungen", da die Anzeigen- und Beilagenumsätze seit 1998 stark gefallen seien. Die Geschäftsführung verweist auch auf Ersatzinvestitionen, die noch in diesem Jahr getätigt werden müssen.

Noch in der gleichen Woche wird in einer Betriebsversammlung die Betriebsöffentlichkeit informiert. Die Geschäftsführung bietet den Betroffenen an, in eine Beschäftigung- und Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln, die einen befristeten Arbeitsvertrag für 12 Monate anbietet. Die Geschäftsführung hat dafür die VW-Tochter AutoVision als externe Beschäftigungsgesellschaft geplant. Die AutoVision hat z.B. auch beim Personalabbau bei der Neoman Bus GmbH Salzgitter mitgewirkt. Projekt MAN hier bei netzwerkit.

Betroffene, Betriebsrat und die gesamte Betriebsöffentlichkeit sind absolut schockiert über diese nicht vorauszusehenden Maßnahmen. Der Betriebsrat wurde in keiner Weise bei der Planung dieser Maßnahmen beteiligt, um Alternativen aufzuzeigen. Die große Mehrheit der betroffenen Kolleginnen und Kollegen ist sich einig, dem Drängen der Geschäftsführung nicht nachzugeben, am 15. Januar 2005 freiwillig in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft AutoVision zu wechseln. Aus gutem Grund wie es z.B. ein Artikel der Süddeutschen Zeitung mit "Die verlängerte Rutschbahn in die Arbeitslosigkeit" beschreibt.

Der Betriebsrat zeigt in intensiver Arbeit Alternativen auf und legt sie noch im November 2004 sowohl der Geschäftsführung, dem Aufsichtsrat und den Eignern (NORD/LB, Familie Voigt) vor. Am 15. November 2004 findet eine Betriebsversammlung im BZV statt, die so überfüllt ist, dass die Kolleginnen und Kollegen auf den Gängen vor dem Raum stehen müssen. Frank Werneke, stellv. Vorsitzender von ver.di, bietet der Geschäftsführung an, über intelligente Lösungen zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen zu reden. Diese intelligenten Lösungen würden auch Nachteile für die Kolleginnen und Kollegen mit sich bringen, betriebsbedingte Kündigungen aber vermeiden.

Die Geschäftsführung verweigert sowohl dem Betriebsrat als auch der Gewerkschaft Gespräche über alternative Möglichkeiten. Sie wiederholt ihren Standpunkt, dass die 74 Arbeitsplätze ersatzlos zum 31.01.2005 entfallen. Natürlich wolle man so schnell wie möglich einen Sozialplan verhandeln, um vor allem die Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft einzurichten. Die Geschäftsführung spricht gegenüber der Gewerkschaft davon, dass man 74 betriebsbedingte Kündigungen möglichst vermeiden will. Sie versteht unter der Vermeidung der 74 betriebsbedingten Kündigungen den freiwilligen Wechsel der Betroffenen in ein 12-monatiges befristetes Arbeitsverhältnis in der Beschäftigungsgesellschaft.

Am 8. Dezember 2004 werden in einem Vergleich freie Sozialplanverhandlungen vor dem Arbeitsgericht Braunschweig festgelegt. Im Rahmen dieser Sozialplanverhandlungen sollen die Beteiligten auch darüber reden, wie betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden sind (§ 17 KSchG). Sollten die Betriebsparteien sich nicht einigen, nimmt die Einigungsstelle frühestens am 10.01.2005 ihre Arbeit auf.

Durch eine Reihe betriebsöffentlicher Aushänge versucht die Geschäftsführung mit dem Hinweis auf ablaufende Termine die Kolleginnen und Kollegen zu bewegen, in die Beschäftigungsgesellschaft überzuwechseln.

Am 18.12.2004 findet in der Innenstadt von Braunschweig eine erste Kundgebung gegen den geplanten Abbau von 74 Arbeitsplätzen im BZV statt. In den freien Sozialplanverhandlungen verlangt die Geschäftsführung vom Betriebsrat, vorab ohne Kenntnis der Gesamtzahlen einer Beschäftigungsgesellschaft zuzustimmen. Der Betriebsrat lehnt dies ab.

Am 11. Januar 2005 richtet die Geschäftsführung ohne Absprache mit dem Betriebsrat im Rahmem einer "Gesamtzusage an alle betroffenen MitarbeiterInnen" eine Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft ein.

Am Samstag, dem 15. Januar 2005, findet eine zweite Demonstration gegen den geplanten Abbau von 74 Arbeitsplätzen im BZv statt.

Die Öffentlichkeitsarbeit wird von der Gewerkschaft und den Betroffenen intensiviert (Unterschriftenlisten etc.). Dem Betriebsrat werden Anhörungen zur Kündigung (Kündigungsbegehren) vorgelegt. Der Betriebsrat widerspricht jeder einzelnen Kündigung mit einem qualifizierten Widerspruch nach §102 BetrVG.

Ende Januar 2005 werden mehr als 50 betriebsbedingte Kündigungen beim BZV ausgesprochen. Die betroffenen KollegInnen treffen sich außerhalb der BZ und beschließen, als Gruppe weiterhin gegen die betriebsbedingten Kündigungen zu kämpfen. Nur ganz wenige Kolleginnen und Kollegen (5 in Wort: fünf) sind bisher in die Beschäftigungsgesellschaft gewechselt. Drei Kolleginnen sollen mit ihren Aufgaben/Arbeitsplatz zu einer Fremdfirma gewechselt haben. Über 15 schwerbehinderte Kollegen und Kolleginnen sind durch das Kündigungsbegehren informiert worden, dass sie zu selektierten Kreis gehören, nur wurden ihre Kündigungen noch nicht ausgesprochen. Sie hängen derzeit zwischen den Welten. Man will sich von ihnen trennen, aber vielleicht wird auch keine Kündigung ausgesprochen? Dieser Zustand ist extrem belastend, vor allen für Personen, die gesundheitlich schon geschädigt sind. Vielleicht rückt die Geschäftsführung von dem betroffenen Schwerbehinderten ab und sucht sich andere für Planzahlerfüllung?

Die große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen werden wohl entsprechende Kündigungsschutzklagen führen, zumal sie mit dem Widerspruch durch den Betriebsrat gute Chancen haben die Weiterbeschäftigung bis zur Gerichtsentscheidung zu erlangen. Die Öffentlichkeitsarbeit wird fortgesetzt. Hierbei ist der Kontakt und die Zusammenarbeit mit Netzwerk IT ganz entscheidend und hilfreich um die Allgemeinheit, sowie die Leserinnen und Leser der Braunschweiger Zeitung zu erreichen und umfassend zu informieren.

Am 12. Februar 2005 findet die nächste Demonstration in der Innenstadt von Braunschweig statt. In der Woche vom 31.01 bis 4.02.2005 haben die Betroffenen eine Mahnwache vor dem Eingang der Braunschweiger Zeitung, Mittelweg, abgehalten. Am 1. Februar 2005 fand die erste Sitzung der Einigungsstelle zum Sozialplan statt. Die nächste Sitzungen sollen am 14. und 15.02.2005 folgen. Die Mahnwache vor der Braunschweiger Zeitung, Eingang Mittelweg, wird bis auf weiteres fortgeführt.

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