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Österreichischer Siemens Personaldienstleister überlässt Arbeitskräfte - sich selbst

by Galadriel posted on 01.02.2008 06:56 last modified 28.08.2008 06:47 —

Die im Jahre 1998 gegründete Hundertprozent-Tochter der Siemens AG Österreich "SPDL" bezeichnet sich selbst als "fortschrittlicher Personaldienstleister". Nicht wenige der dort beschäftigten rund 900 Angestellten und 400 Arbeiter empfinden ihre Überlassung an die Siemens AG Österreich aber eher als Rückschritt. Denn früher wurden BewerberInnen bei der Siemens AG direkt angestellt. Heute wird bei SPDL sofort gekündigt, wenn die Siemens AG überlassene KollegInnen nicht mehr beschäftigen will. Wir berichten über Wunsch und traurige Wirklichkeit der betroffenen SPDL-KollegInnen.

SPDL - die "Lunge" der Siemens AG Österreich

Die Siemens Personaldienstleistungen GmbH & Co KG (SPDL) wurde vor 10 Jahren gegründet, weil das sogenannte "Stammhaus" (Siemens AG Deutschland) den benötigten Personalaufbau in der Siemens AG Österreich (SAGÖ) nicht mehr genehmigte: Statt Personal direkt anzustellen, missbrauchte man die "Zeitarbeits"-Firma SPDL, der Siemens AG Österreich(SAGÖ) dauerhaft Personal zu überlassen. Den bei SPDL angestellten KollegInnen wurde Hoffnung gemacht, bald in die AG übernommen zu werden. Das geschah auch in einigen Fällen. Viele warten aber seit Jahren vergeblich darauf. Andere wurden aufgrund von Auslastungsproblemen in der AG gekündigt, willigten in einvernehmliche Lösungen ohne Sozialplan ein oder kündigten selbst. So verloren bei den großen Personalabbauwellen in der PSE der Jahre 2003 und 2007 'zig KollegInnen der SPDL schon vor den PSE-KollegInnen ihren Arbeitsplatz. Die SPDL nennt das "Zeitarbeit mit Niveau". Der Betriebsrat spricht von der "Lunge der SAGÖ, die ihr das Atmen im Rhythmus der Marktbedürfnisse erlaubt (Quelle: SPDL-Homepage -> Über uns -> Was uns auszeichnet)." Die SPDL ist zwar bestrebt, ihre Mitarbeiter/innen ganzjährig zu beschäftigen, was bei den langjährigen SPDL-KollegInnen in der PSE durchaus zutrifft. Doch ...

Wenn die Siemens AG Österreich einmal "ausatmet" ...

... dann spielte sich das im vergangenen Jahr für die betroffenen SPDL-KollegInnen (z.B. in der PSE) etwa so ab:

  • Die PSE meldet der SPDL das Überlassungsende -> die SPDL informiert postwendend den SPDL-Betriebsrat von ihrer Kündigungsabsicht
  • Der SPDL-Betriebsrat gibt dazu keine Stellungnahme ab -> die SPDL spricht noch während der Überlassung die Kündigung aus
  • Der/die Betroffene bemüht sich um einen Job in anderen Siemens-Bereichen -> die SPDL überlässt den/die Betroffene/n weitgehend sich selbst

Muss die SPDL mich nach dem Überlassungsende noch behalten?

Im Prinzip ja: Denn gemäß §5 Abs 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz gehört es zu den Pflichten eines Überlassers, eine bestimmte Zeit (Behaltefrist) lang nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen bevor wegen der Beendigung einer Überlassung gekündigt werden darf. Juristen sprechen bei automatischen Kündigungen wegen der Beendigung einer Überlassung von einem Verstoß gegen das sogenannte "Synchronisierungsverbot": Der Oberste Gerichtshof(OGH) begründet das in seiner OGH-Entscheidung vom 7.1.1998 wie folgt:

"Mit (dem) Verständnis der Arbeitskräfteüberlassung ist es ... nicht vereinbar, wenn der Überlasser jegliches Risiko der Auslastung des Arbeitnehmers ablehnt, indem er den Dienstnehmer nur so lange beschäftigt, als er von einem konkreten Beschäftiger benötigt wird. ... Im Hinblick auf (die) Verpflichtung (des Überlassers), das Risiko der Auslastung der vereinbarten Arbeitszeit zu tragen, ist ... eine betriebsbedingte Notwendigkeit zur Kündigung ... dann zu verneinen, wenn nach dem üblichen Geschäftsgang damit zu rechnen ist, daß sich innerhalb eines zumutbaren Zeitraumes eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Dienstnehmers bei anderen Auftraggebern eröffnen wird."

Warum kann die SPDL zum Ende einer Überlassung doch kündigen?

Weil das Gesetz bei Verstoß gegen das Synchronisierungsverbot keine Sanktionen verhängt, z.B. die Nichtigkeit einer solchen Kündigung oder Geldstrafen vorsieht. Daher bestehen nur folgende Möglichkeiten, um die SPDL zu einer Behaltefrist nach Ende einer Überlassung zu zwingen:

  • Der SPDL-Betriebsrat oder der/die Betroffene fechtet die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit an.
  • Der SPDL-Betriebsrat schließt mit dem Überlasser eine Betriebsvereinbarung über ein Synchronisierungsverbot bzw. eine Behaltefrist ab
  • Die Gewerkschaft schließt mit der Wirtschaftskammer einen Kollektivvertrag über ein Synchronisierungsverbot bzw. eine Behaltefrist ab

Die einzige Möglichkeit des/der Betroffenen selbst, die Kündigung anzufechten, ist leider nur dann erfolgreich, wenn er/sie nachweisen kann, dass wesentliche eigene Interessen durch die Kündigung beeinträchtigt werden. Was dazu im Einzelnen vom Betroffenen zu beweisen ist, kann im folgenden NetLeiwand-Artikel nachgelesen werden: "Erfolgschancen bei Anfechtung betrieblich bedingter Kündigungen in Österreich":../projekte/netleiwand/chronik/.

Wie verhalten sich andere Leihfirmen bei einem Überlassungsende?

flexwork, die 100%ige Toch­tergesellschaft des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungs­fonds (waff), in dessen Vorstand die Stadt Wien, die Sozialpartner und das AMS vertreten sind, nimmt dazu auf ihrer Homepage wie folgt Stellung:

"Ist ein Einsatz zu Ende, unterstützt Sie flexwork weiter: In der flexwerkstatt werden die einsatzfreien Zeiten bei aufrechtem Dienstverhältnis zur professionellen Arbeitsuche und Aus-/Weiterbildung genutzt."

Gibt es bei anderen Leihfirmen Weiterbildungsmöglichkeiten?

Über die Kündigungspraxis anderer Leihfirmen wissen wir nicht viel. Doch im Gegensatz zur SPDL werben einige größere Überlasser zumindest mit ihren Weiterbildungsmöglicheiten:

MANPOWER

"Nicht selbstverständlich sind die kostenlosen PC- und Internet-Trainings, die Sie nur bei Manpower bekommen. Gemeinsam mit Ihrem persönlichen Betreuer, der Sie coacht und sich um Ihr Weiterkommen kümmert, können Sie jederzeit und gratis ein Stärken/Schwächenprofil erstellen. Darauf bauen Sie Ihren individuellen Trainingsplan auf. Das umfangreiche Kursprogramm (mehr als 2.000 Trainings!) steht ausschließlich unseren Mitarbeitern und unseren Kunden offen."

BEKO

"Um den Produktionsfaktor Wissen am besten zu fordern und zu fördern, gründete BEKO bereits im Jahre 1996 eine konzerneigene Akademie, in der Mitarbeiter ihre Skills auf den letzten Stand bringen. Unsere Unternehmensphilosophie sieht vor, allen MitarbeiterInnen die nötigen Rahmenbedingungen für ihre individuelle Fort- und Weiterbildung zu schaffen. Damit Sie Ihr Karriereziel erreichen, bietet die BEKO Akademie für jede Rolle die notwendige Ausbildung an."

IVM

"Wir fordern und fördern unsere Mitarbeiter durch ein abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld und gezielte Weiterbildung. Bei Zielfindung und Planung Ihres Karriereweges unterstützen Sie unsere Fach- und Human-Ressouce-Spezialisten."

Und was sagt die Generaldirektorin(GD)von Siemens Österreich über die SPDL?

Im Intranet-Chat vom 21.11.2006 antwortete GD Brigitte Ederer auf eine entsprechende Frage wie folgt:

Kollege/in:

"Guten Morgen! Wie lange wird es das SPDL Konstrukt noch geben? SPDL MA sind benachteiligt: weniger Gehalt, keine Pensionskasse, schlechterer Kollektiv(vertrag), kaum Weiterbildungschancen ...

Ederer:

"Die Frage nach dem Status und den sozialen Bedingungen von ZeitarbeitnehmerInnen ist keine Frage der SPDL. Die SPDL ist ein Anbieter unter mehreren, mit dem Unterschied, dass sie im Eigentum der SAGÖ steht (und hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen sicherlich keinen Vergleich mit irgendeiner anderen Zeitarbeitsfirma scheuen muß). Das Stamm- und Zeitarbeitnehmer unterschiedliche Bedingung vorfinden, entspricht den gesetzlichen Rahmenbedingungen, nicht nur in Österreich."

Auf einer Betriebsversammlung am 7.11.2007 erklärte Frau Ederer außerdem, dass laut Stammhaus-Entscheidung die sogenannten "Non-Group-Activities" bei Siemens-Österreich beendet werden müssten. Zu den Aktivitäten, die beendet werden müssten, gehörten auch die der SPDL.

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(1) Kommentare

Anonymer Benutzer 23.08.2008 14:42
personal zu leasen ist ja keine siemens erfindung und auch nicht erst seit kurzem. obwohl ich leider keine zahlen zur durchschnittlichen vertragsdauer habe (was sehr interessant wäre) gibt es unmengen spdl'er die weit jenseits von der immerwieder zitierten "spitzenabdeckung" jahrlang derart prekär beschäftigt sind.

schon alleine die organisatorischen umwege die eine anstellung als leihpersonal mit sich bringt (mind. eine weitere hirachie die bei gehaltsverhandlungen, schulungen, krankenständen, mitarbeitergesprächen,...) brauchen ein gewisses experten wissen. um sich darin auch nur halbwegs zurecht zu finden.

leider reicht der äußerst seltene kontakt zu anderen spdl kolleginnen aus um zu wissen daß dieses zuständigkeitsdurcheinander immer wieder schamlos ausgenutzt wird.

die ständige bedrohung, der erste im projekt zu sein der gehen muß wenn gekürzt wird, sich alle paar monate um eine verlängerung des beschäftiger vertrags zu bemühen oder zu hoffen, die unwissenheit darüber an wen mensch sich wenden muß erzeugt schon genug unsicherheit die sehr oft zu einem verhalten führt bei dem alle möglichen umstände akzeptiert werden - hauptsache der vertrag lauft weiter.

ein selbstbewustes auftreten und das einfordern der eigenen rechte ist in son einer situation beinahe undenkbar.

besonders schlimm finde ich die vereinzelung - die spdl kolleginnen sind kreuz und quer über den konzern verteilt und haben keine möglichkeit sich auszutauschen. die kollegen in den projekten können immer wieder bei kaffeepausen oder auch im normalen arbeitsalltag über strukturelle veränderungen, angebote von seiten der firma, probleme mit vorgesetzten oder sonstige arbeitsrechtliche dinge austauschen. als spdl mitarbeiter finde ich solche gespräche zwar sehr interessant leider gilt fast immer - "für dich gilt das nicht" oder "wie das bei euch spdl'ern ist weis ich nicht"

wäre naheliegend in so einer situation die betriebsrätlichen strukturen besonders stark zu nutzen und auszubauen. schließlich wäre das eine (in diesem konzern) übliche und lange erprobte vertretungsstruktur. die offenbar sowohl die belegschaft als auch die vorgesetzten gut u. wichtig finden.

aber haben sie als spdl arbeiter.in schon mal mit ihrem zuständigen betriebsrat gesprochen? wissen sie überhaupt wer das ist? hat er sich mal bei ihnen gemeldet? waren sie mal einen kaffee trinken mit ihm? (so wie das beim stammpersonal durchaus üblich ist)
ich schreib lieber nicht welchen eindruck der bisherige kontakt zu den offiziell zuständigen betriebsräten hinterlassen hat - probieren sie es einfach selbst.

rechtlich gesehen ist der betriebsrat des beschäftigers genauso zuständig für die leihmitarbeiter.innen. (spätestens bei einer längeren beschäftigung als 6 monate - damit beginnt die wahlberechtigung. es wäre sogar möglich selbst als br zu kandidieren!)
aber offenbar wissen das nichteinmal alle betriebsräte, geschweige dem daß sie sich mit den problemen der leihmitarbeiter.innen auseinandersetzen.

die einzige möglichkeit hilfestellung als spdl mitarbeiter zu erhalten ist offenbar einen br zu finden der sich aus eigeninteresse zusätzlich mit der problematik der leihmitarbeiterinnen beschäftigt. - der die spdl kolleginnen zu den informationsveranstaltungen u. br treffen einlädt (auch wenn er nicht offiziell mit deren betreuung beauftragt ist), der auch mal bereit ist gemeinsam essen zu gehen und hilfestellung bzw. kontakte bietet wenn wiedermal kündigungsgerüchte oder wellen umgehen.
(kontakte sammeln scheint ohnehin das um und auf zu sein als spdl ma. auch bei der projektsuche ist das um und auf möglichst viele leute zu kennen bei denen nachgefragt werden kann.)

bei genauerem beschäftigen mit der br-landschaft wirds haarig und wirklich enorm unattraktiv.
obwohl sami und die br-alternativ positiv erwähnt werden müssen - weil sie trotzdem sie "eigentlich" nicht zuständig sind es immer wieder schaffen errungenschaften des stammpersonals auf spdl kolleginnen auszuweiten (meist in verschlechterter variante) - stimmt die feststellung leider daß sie eben nicht zuständig sind. was nicht heißt daß sie sich nicht zuständig fühlen aber daß jedes einsetzen für die rechte der spdl kolleginnen dem ang.erd br ein auf die füße treten ist. oder dieser das als solches auffaßt. das zieht ein hin und her von zuständigkeiten und sich reingepfuscht fühlen nach sich das dazu führt daß man als spdl ma auch bei der belegschaftsvertretung zwischen den fronten steht. und zwischen zwei hirachien wiederfindet ohne sich wirklich von einer vertreten zu fühlen.
und bei den heicklen fragen erst wieder alleine da steht. - statt doppelt gut vertreten zu sein. - was eigentlich nötig wäre.

ein nachfragen und annäherung an die eine br-struktur zieht schnell eine in die ungunst der anderen zu fallen. bzw. darf man der einen dann nicht sagen was man mit der anderen abgemacht hat. die hintergründe sind nicht leicht zu durschauen - jede seite redet von der anderen in schlechten tönen und was über bleibt ist der eindruck einer seltsamen verfeindung. die wohl irgendwo auf ein gegenseitiges mandate wegnehmen zurückführt. und an dem punkt bin ich dann so weit am liebsten beiden den kopf ordentlich zu waschen. sie offen zu fragen ob sie wahnsinnig sind - ihre macht und einfluß spiele (offenbar aus der politik abgeschaut - zumindest die eine seite hat da ja reichlich quellen) ernster zu nehmen als die probleme der leihmitarbeiterinnen. wer bezahlt denn dafür daß die vertretung nicht besser funktioniert? der unkündbare br wohl kaum. - aber wer hilft mir dann wenn meine gleitzeit auf schichtbetrieb verändert werden soll, wenn ich abgebaut werden soll oder auch endlich mal eine gehaltserhöhung bekommen möchte? (ja genau der befreundete br und der br der abteilung der zum glück zuständig ist weil das problem einen kollegen vom stammpersonal auch betrift.)

e.v. wäre es für die spdl kolleginnen am besten eine dritte br instanz zu starten und sich selbst zu vertreten. mit dem effekt sich mit beiden bestehenden br strukturen anzulegen. (und der frage wie so ein projekt ohne unterstützung der bestehenden br umgesetzt werden kann) - weil ihnen damit mandate genommen werden. wie lange muß man eigentlich br sein um diese bürokratische logik akzeptieren zu können? was ich versichern kann ist - als spdl angestellter (oder arbeiter) kann man es sich nicht leisten dafür verständnis aufzubringen. und wird ziemlich effizient abgeschreckt sich mehr damit zu beschäftigen. ich hab auch von engagierten und interessierten stammbelegschafts-angestellten die kämpfe zwischen fsg und ug br als begründung für ihre nicht beteiligung an br-strukturen gehört. (und all zu gut nachvollziehen können)

so womit beende ich nun diesen kommentar?
e.v. mit der hoffentlich nicht vergeblichen bitte die feindschaft zwischen br erd ang und br alternativ hinter den rechten und problemen der spdl kolleginnen anzustellen.

e.v. bringts was daran zu erinnern was katzian auf der letzten versammlung in der erd versprochen hat: "wir werd die kol. Leharbeiter u leiharbeiterinnen nicht alleine lassen" (bisher hab ichs leider nicht geschaft diesen ausspruch ernster zu nehmen als die werbung im tv - und leider kommt aus der gpa auch nicht viel mehr als lippenbekenntnise)

ich wünsche uns allen eine stärkere vertretung hier und in den billiglohnländern!