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Wird Siemens von Löscher zerschlagen?

by Galadriel posted on 06.11.2008 01:10 last modified 06.11.2008 19:55

Seit etwas mehr als einem Jahr ist Peter Löscher neuer Vorstandsvorsitzender der Siemens AG und setzt eine Aktion gegen die ArbeitnehmerInnen nach der anderen. Löscher hat schon in seiner früheren beruflichen Tätigkeit an der Zerschlagung eines anderen Konzerns, der deutschen Hoechst AG, maßgeblich mitgewirkt. Anhand seines Lebenslaufes in beiden Konzernen versuchen wir im folgenden Bericht, die Unternehmensstrategien offenzulegen, die dieser Zerschlagung zugrundelagen. Wir hoffen, damit einen Beitrag zum besseren Verständnis der aktuellen Vorgänge bei Siemens zu leisten. Möge der folgende Bericht auch die Beantwortung der Titel-Frage erleichtern und ermöglichen, aus der Geschichte der Hoechst-Zerschlagung im Interesse der ArbeitnehmerInnen zu lernen.

Firmenphilosophie von Finanzmanagern

"In den 1990er Jahren haben Finanzanalysten begonnen, Firmen darauf zu drängen, sich von allen Geschäften zu trennen, welche nicht zum 'Kerngeschäft' gehören. Konglomerate nach Art der Hoechst AG waren in der Gunst von Investoren nicht länger opportun." So beginnt der promovierte Chemiker und Leiter der Bayer-Forschungsplanung, Hauke Fürstenwerth, seinen Beitrag über die Zerschlagung der Hoechst AG.

Dass diese Firmenphilosophie von Finanzmanagern noch heute brandaktuell ist, dokumentiert folgendes Zitat von Vikram Pandit, Chef der US-Bank Citigroup aus dem Handelsblatt :

Alles, das wie ein Konglomerat riecht, wird abgestoßen. Wir lösen uns von unseren Hobbies und konzentrieren uns auf die Kernkompetenzen.

Peter Löschers Tätigkeiten im Management: ...

Peter Löscher verbrachte bisher die meiste Zeit (1987 – 1999) seines beruflichen Werdegangs als Abteilungsleiter im seinerzeit (1994) sechstgrößten Industrieunternehmen in Deutschland, der Hoechst AG.

Seit 1.7.2008 ist er Vorstandsvorsitzender des Weltkonzerns Siemens AG.

Konzentration auf das Kerngeschäft

Sein Handwerk lernte Löscher bei Hoechst, wo er unter dem Vorstandsvorsitzenden Jürgen Dormann bis zum Herausfallen der Hoechst-Aktie aus dem DAX (1999) den radikalen Umbau vom breit aufgestellten Chemie-Konzern mit 15 Geschäftsbereichen zum schmal aufgestellten so genannten "Life-Science"-Konzern entscheidend mitbetrieben hat. Dieser sollte sich auf nur mehr sieben Geschäftsgebiete in Pharma und Landwirtschaft konzentrieren.

Auch bei Siemens gilt: Wir werden weiter eine fokussierte Portfoliopolitik betreiben meinte Löscher zu Heise. Der Aufsichtsrat hat dementsprechend am 29. November 2007 die Konzentration von zwölf auf drei Kerngeschäftgebiete Industrie, Energie und Gesundheit als neue Konzernstruktur von Siemens beschlossen.

Zerlegen und Abreißen

Als Folge der Konzentration auf das Life-Science-Geschäft trennte sich Hoechst von allen Geschäftsaktivitäten, in denen man nicht zu den drei führenden Anbietern in Europa, Asien und Amerika zählte. Außerdem verlangte die Konzernführung im Jahre 1994 erstmals öffentlich ein Renditeziel von mindestens 15%. Als Stratege und Planer des Umbaus war laut Compliance-Magazin wieder Löscher „maßgeblich daran beteiligt, das Chemie- und Pharma-Unternehmen Hoechst (dementsprechend) in seine Bestandteile zu zerlegen. Viele Gewerkschafter haben ihn ungut als Abrissbirne in Erinnerung.“

Auch als Siemens-Chef scheint Peter Löscher laut Wirtschaftswoche die Aufsplittung des Konzerns in drei weitgehend autonome, weltweit agierende "Unternehmen" für Industrie, Energie und Gesundheit voranzutreiben. Auf der Siemens Business Conference 2008 bezeichnete er die drei Siemens-"Sektoren" nur noch als "Unternehmen": In 2008 werden großartige "Unternehmen" Top-Leistung bringen. Großartige "Unternehmen" bringen Top-Leistung in schwierigem Markt-Umfeld. Alle übergreifenden Bereiche wie z.B. die Zentralabteilung „Corporate Technology“ (CT), die bisher für die Geschäftsbereiche strategisch wichtige Kerntechnologien entwickelt hat, die Software-Schmiede "Siemens IT Solutions and Services (SIS) PSE", die gemeinsame Vertriebsorganisation ("Siemens ONE") oder Siemens Financial Services (SFS) befinden sich derzeit mehr oder weniger auf dem Prüfstand , im Zustand der "Verschlankung" oder Auflösung. Darüberhinaus wird alles, was nicht in die drei Kerngeschäftsgebiete passt oder zu ihren hohen Renditezielen zwischen 9 und 17% beiträgt wie zum Beispiel die Telekommunikation von SEN und SHC, die Computer-Fertigung von Fujitsu-Siemens (FSC) oder der Autozulieferer VDO an Finanzinvestoren, die eigenen Manager oder Mitbewerber verkauft. Der Zentralbetriebsrat Fritz Hagl von Siemens Österreich bezeichnete diese Geschäftspolitik in die presse als "Tod auf Raten", weil die im Konzern verbleibenden Teile bald zu klein sein werden, um die hinauf geschraubten Gewinnmargen zu erwirtschaften.

Orientierung am Kapitalmarkt

Schon in Löschers Berufsleben bei Hoechst spielte die (Aktien-)Kapitalmarktorientierung eine große Rolle: So hatte er laut Focus-Money von 1997 bis 2000 die Position eines Projektleiters für das Listing der Hoechst-Aktie an der New Yorker Börse inne.

Bereits kurz nach seinem Amtsantritt stellte er auch bei Siemens klar, dass er mindestens so ungeduldig und auch so kapitalmarktorientiert ist wie sein Vorgänger Kleinfeld. Im November 2007 kündigte Siemens laut Welt einen Aktienrückkauf für bis zu zehn Milliarden Euro an. Der Großteil des Erlöses aus dem Verkauf der VDO an Continental sollte damit indirekt den Aktionären zu fließen.

Drücken auf's Tempo

Speed, speed, speed, war laut Tagesspiegel Löschers Motto schon bei Hoechst.

Auch seine 1100 Top-Manager auf der Siemens Business Conference in Berlin (14.-17. Oktober 2008) ließ er wissen: Wir machen das Geschäft mit Leidenschaft, mit gemeinsamer Verantwortlichkeit und mit Geschwindigkeit – with speed, speed. I expect from you speed, speed, speed, speed!

… und die Folgen: Einbruch des Kerngeschäfts

Laut Hoechst-Vorstandsmitglied Dr. Karl-Gerhard Seifert in CHEManager und Wikipedia Hoechst waren die Folgen der Tätigkeiten von Jürgen Dormann und Peter Löscher bei Hoechst, dass die großen Filetstücke des Konzerns, nämlich das Chemie- und das Landwirtschaftsgeschäft an den Chemie-Multi Clariant bzw. Bayer verkauft wurden. Während sich die verkauften Bereiche meistens sehr erfolgreich unter den neuen Firmen-Dächern weiterentwickelten, brach das Ergebnis des letzten bei Hoechst verbliebenen Pharma-Kerngeschäfts im Jahre 1998 empfindlich ein.

Bei Siemens zeichnen sich laut Zeit Online derzeit ebenfalls dunkle Wolken über Löschers Kerngeschäftspolitik ab: Für den Sektor Industrie sagen Analysten einen Einbruch bei den Neuaufträgen voraus; auch strategische Investitionsentscheidungen im Infrastrukturgeschäft der Division Bahntechnik sowie der Sektoren Energie und Gesundheit dürften vor dem Hintergrund eines schwierigeren Finanzierungsumfeldes aufgeschoben werden, schreibt Stock World. Siemens hat sich offenbar von seinen ursprünglichen Gewinnerwartungen verabschiedet. Auf der Siemens Business Conference kommentierte Industrie CEO Heinrich Hiesinger das mit den Worten: Der Abschwung ist Wirklichkeit, Kollegen! Und Energie CEO Wolfgang Dehn fügte hinzu: Die Zeiten werden schwieriger, wunderbar! Das ist Gelegenheit, uns von den anderen (Mitbewerbern) zu unterscheiden.

Finanzinvestoren und Mitbewerber profitieren

Die anderen kleineren, vielfach sehr erfolgreichen Teile des einst bedeutenden Hoechst-Konzerns wurden laut Hoechst-Vorstandsmitglied Dr. Karl-Gerhard Seifert in CHEManager entweder an Private Equity Fonds (Finanzinvestoren) wie Platinum Equity, Blackstone, Allianz oder Goldmann Sachs verkauft (und von diesen mit Gewinn weiter verkauft) oder an Mitbewerber wie Dupont, BASF, Shell oder Allessa veräußert. Weiters landete die Hoechster Zentralforschung mit seinen zahlreichen Innovationen bei Siemens, die Ergebnisse der Supraleiterforschung bei Alcatel, die IT-Abteilung bei HP, das Arbeitsgebiet der Hochtemperaturmembranen für Brennstoffzellen mit über 100 Patenten bei BASF und schließlich der Immobilienbestand bei der Deutschen Bank.

Auch bei Siemens werden sicherlich durch den Ausverkauf von Nebengeschäften einige Finanzinvestoren und Mitbewerber profitieren wie z.B. The Gores Group (SEN), Arques Industries (SHC), Fujitsu (FSC) oder Conti (VDO).

Restrukturierung und Belegschaftsproteste

Natürlich blieben die Folgen der Unternehmensstrategen von Hoechst bei der Belegschaft nicht ohne Wirkung: Ein wegen der Einbrüche im Pharma-Kerngeschäft gestartetes Restrukturierungsprojekt in der Pharmaforschung – 600 der 1800 Stellen sollten am Standort Höchst gestrichen werden - löste laut Zeit erhebliche Proteste in der Belegschaft aus. Im Mai 1998 demonstrierten 8000 Laboranten, Bürokräfte aber auch viele Führungskräfte und solidarische Pensionisten gegen den geplanten Personalabbau vor dem Werkstor im Höchster Industriepark. Der Unmut von Beschäftigten und Führungskräften der Pharmaforschung mündete sogar in regelmäßige öffentliche "Montagsdemonstrationen". Insgesamt sank laut Wikipedia von 1995 bis Ende 1998 die Mitarbeiterzahl im Hoechst-Konzern von 170.000 auf 100.000. Der geplante Börsegang der Pharmasparte wurde abgesagt. Stattdessen ging Hoechst 1998 in einer Fusion mit Rhone-Poulenc in Aventis auf, die wiederum 2004 mit Sanofi-Synthelabo zu Sanofi-Aventis fusionierte.

Aber auch bei Siemens regt sich langsam aber sicher der Unmut und Widerstand gegen die Um- und Re- Strukturierungspolitik des Konzerns. Schließlich sollen laut die presse vom 27.08.2008 und die presse vom 13.03.2008 bis 2010 rund 17.000 von den weltweit 430.000 Siemens-MitarbeiterInnen (2008) eingespart (SG&A)und tausende verkauft (non-group activities) werden. So herrschte etwa im österreichischen Elektronikwerk SIMEA eine Explosive Stimmung unter den KollegInnen wegen des geplanten Verkaufs des Werkes im Rahmen eines Management Buyouts. Und die österreichischen SIS PSE-KollegInnen rüsten am 6.11.2008 zu einem Marsch für die Zukunft der Siemens-PSE, denn sie befürchten die Zerschlagung ihres Bereiches und in der Folge massiven Personalabbau.

Fazit

Ob Siemens ebenfalls den Kapitalmarktstrategien von Löscher innerhalb weniger Jahre zum Opfer fallen wird, muss nach den dargestellten Erfahrungen bei Hoechst und den Ähnlichkeiten bei Siemens zumindest befürchtet werden. Löscher stellt dies zwar laut Der Tagesspiegel vom 27.05.2007 in Abrede: Es werde keinen Kahlschlag geben. Aber die Umsetzung seines Personaleinsparprogramms SG&A und seiner Verkaufsabsichten sektorübergreifender Aktivitäten (non-group-activities) lassen Zweifel daran aufkommen.

Daher gilt es aus den Erfahrungen bei Hoechst zu lernen und einer drohenden Zerschlagung auf Kosten der Beschäftigten frühzeitig und öffentlichkeitswirksam entgegenzutreten.

(10) Kommentare

Anonymer Benutzer 08.11.2008 14:57
Ich würde die Frage etwas umformulieren (siehe Betreff) und mit JA beantworten. Am 6.11.2008 hat die Belegschaft ihre Entschlossenheit demonstriert. Jetzt liegt es am Betriebsrat, was er daraus macht. D.h. ob er bereit ist, alle legal zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Sprüche klopfen ist eine Sache, sie auch in die Tat umsetzen eine andere.

Dieses Thema wurde auch in dem Flugblatt angeschnitten, welches am 6.11. verteilt wurde. Warum wurde dieses nicht auf "NetLeiwand" veröffentlicht?

Ich bin mir nicht sicher, ob allen Betroffenen der Ernst der Lage wirklich bewusst ist. Es betrifft nicht nur das Fußvolk, es sind genauso das untere Management und der Betriebsrat betroffen. Wenn es keine PSE mehr gibt, dann wird man z.B. auch keinen PSE-Betriebsrat mehr benötigen.
Anonymer Benutzer 09.11.2008 21:38
Das Flugblatt war zum Zeitpunkt dieses Artikels nicht bekannt. Möglicherweise kann es über die Homepage der Gruppe, die für dieses Flugblatt verantwortlich zeichnet - www.sozialismus.net - oder über die angegebene email-Adresse rso@sozialismus.net bezogen werden.

NetLeiwand
Anonymer Benutzer 18.11.2008 12:50
Ist leider nicht auf der angegebenen Page zu finden, aber auf Anfrage via Mail war es kein Problem das Flugblatt zu bekommen.
(Weis leider nicht ob und wie hier ein pdf posten darum Klartext copy-past)




 Zeit,dass wir uns wehren!


Die heutige Demonstration ist ein erster, wichtiger Schritt.
Doch sollten wir aufpassen, dass es nicht der letzte bleibt.
Bereits 2006 und 2007 gab es Proteste. Damals wurde ein
fauler Kompromiss ausgehandelt. Es gab zwar keine
Kündigungen, doch zwischen Oktober 2007 und September
2008 wurden 530 KollegInnen durch natürliche Fluktuation
abgebaut. Nun sind offiziell weitere 500 Arbeitsplätze
gefährdet, doch tatsächlich sieht es eher nach mehreren
tausend Arbeitsplätze aus, letztlich steht die ganze PSE mit
rund 2400 KollegInnen am Spiel.
Die Probleme wirken zum Großteil hausgemacht. Die PSE
bekommt kaum Aufträge von den Siemens-Sparten Energie,
Industrie, Verkehrs- und Medizintechnik. Offenbar wird hier
an billige Drittanbieter ausgelagert, um dann zu
argumentieren, dass die PSE ja keine Aufträge hätte. Und so
wird dann der Personalabbau gerechtfertigt.
Dass der Betriebsrat nun die Initiative ergreift, ist höchste
Zeit. Doch müssen Kampfmaßnahmen auch vorbereitet
werden. „Bitte habt Verständnis, dass wir die Details dieser
geplanten Aktion im Moment nicht öffentlich machen
wollen.“, heißt es im Mail des Betriebsrates. Natürlich kann
nicht immer alles öffentlich sein, um die Gegenseite nicht zu
warnen. Doch besteht auch die Gefahr, dass wir nicht in die
Entscheidungen eingebunden werden und sich der
Betriebsrat über den Tisch ziehen lässt. Die BetriebsrätInnen
sollen unsere Interessen vertreten, da sollte es kein Problem
sein und wäre sehr wichtig, dass wir alle Ergebnisse
demokratisch diskutieren und abstimmen. Der Betriebsrat
spricht von „Entschlossenheit“ und von „eisernem Willen“.
Doch Sozialpläne und Selbstkündigungen sind ein
Widerspruch dazu.
Wie es geht, zeigen derzeit die KollegInnen in Deutschland.
Zehntausende Beschäftigte der deutschen Metall- und
Elektroindustrie, darunter auch KollegInnen von Siemens,
sind diese Woche in Warnstreiks für acht Prozent
Lohnerhöhung getreten. „Mut steht am Anfang des
Handelns, Glück an seinem Ende!“, meint der Betriebsrat in
seinem Mail. Mut, das stimmt. Doch Glück wird uns weniger
helfen. Viel wichtiger ist, dass wir zusammenstehen und
zusammen für unsere Arbeitsplätze kämpfen und streiken!



Interview mit Siemens-Kollegin

Wir haben ein Interview mit Isa
Sauerer geführt. Isa arbeitet in der
Siemens AG in Wien (Der Name wurde
von der Redaktion geändert.)
Isa, was passiert gerade im Betrieb?
Offiziell sollen in Österreich 500
KollegInnen entlassen werden. Intern
kursieren aber Zahlen von 1000 bis
3000 KollegInnen, die gehen müssen.
Das soll quer durch alle Abteilungen
gehen, überall wird eingespart. Am
liebsten wäre es der Konzernleitung, in
Österreich nur Projektleitung zu haben
und alle anderen ArbeiterInnen in
einem möglichst billigen Drittland.
Gleichzeitig macht diese Situation klar,
dass wir eine internationale Antwort
und Vernetzung mit den KollegInnen in
diesen Ländern brauchen, damit wir
nicht gegeneinander ausgespielt werden
können.
Wie siehst Du die Rolle von Betriebsrat
und Gewerkschaft?
Die dominierende Gewerkschaftsfraktion
bei uns ist die sozialdemokratische
FSG. Wir haben das
Gefühl, dass der Betriebsrat oft auch
viel mehr über den Stand der
Entlassungen weiß, aber nichts raus
lässt. Bei einer Infoveranstaltung
Anfang Juni in Wien, wo ca. 1000
KollegInnen waren, war der Betriebsrat
horrormäßig. Sie waren gemeinsam mit
der Geschäftsleitung am Podium und
haben eine Art "Alles-wird-gut"-
Stimmung verbreitet. Die Chefs
meinten, wir sollen uns keine Sorgen
machen, es gäbe auch ein Leben nach
Siemens. So kann das aber sicher nicht
gehen!
Die heutige Demonstration ist ein erster
Schritt. Doch wir müssen aufpassen,
dass das nicht nur zum Dampfablassen
verwendet wird, wie schon in der
Vergangenheit. Es ist wichtig, dass wir
uns selbst organisieren!




Geld ist genug da bei Siemens!

Laut der deutschen Zeitschrift
Focus kostet der aktuelle
Arbeitsplatzabbau den Konzern
rund 800 Millionen Euro. Doch
das strategische Ziel von Siemens
ist, sich für InvestorInnen
attraktiver zu machen. Geld ist
genug da in den Konzernkassen
der Firma Siemens! Laut
Geschäftsbericht 2007 hatte die
Firma 2007 eines der besten
operativen Ergebnisse der
Geschichte, der Gewinn stieg um
20% auf über 4 Milliarden Euro,
der Gewinn pro Aktie um 21%.
Natürlich ist der Kurs durch die
aktuelle Krise gefallen, dennoch
haben sich die AktionärInnen in
den letzten Jahren eine goldene
Nase verdient. Während die Firma
also Gewinne macht, gibt es eine
Kündigungswelle für die
ArbeiterInnen!




Finanzkrise: Das System ist krank!

Die aktuelle Finanzkrise scheint kein
Ende zu nehmen. Weltweit mobilisieren
die Regierungen Unmengen
von Geld, um das Finanzsystem zu
unterstützen und Banken vor dem
Bankrott zu retten. Wie immer wird
die Rechnung aber den Lohnabhängigen
gestellt…
700 Milliarden Dollar in den USA; über
600 Milliarden Euro in Großbritannien;
320 Milliarden in Frankreich; 500
Milliarden in Deutschland… und mehr
als 100 Milliarden in Österreich. Das sind
die astronomischen Summen, die die
Regierungen dem Finanzsystem in den
letzten Wochen bereitgestellt haben. Auf
internationaler Ebene sind es nicht
weniger als 25.000 Milliarden Dollar, die
im Finanzsektor seit Beginn der Krise in
Rauch aufgegangen sind.
Und die Krise findet noch kein Ende. Seit
2 Monaten fallen weltweit die
Aktienkurse und verursachen den Banken
und Versicherungen große Schwierigkeiten.
Einige sind Pleite gegangen, alle
sind gefährdet. Jeder ist jedem
misstrauisch gegenüber und keiner will
keinem Geld leihen. Das ganze Finanzsystem
läuft Gefahr, stecken zu bleiben.
Sie machen Schulden – wir müssen
zahlen!
Die Konsequenzen der Krise sind also
katastrophal - vor allem für die
Lohnabhängigen. Schließlich muss das
von den Regierungen aufgebrachte Geld
irgendwo gefunden werden. Dabei haben
sie nur drei Möglichkeiten: weiter
Schulden machen, die wir später zahlen
werden müssen; neues Geld drucken, was
zu Inflation und Preiserhöhungen führt;
oder da einsparen, wo es aus der Sicht der
KapitalistInnen noch geht, also bei den
öffentlichen Dienstleistungen, bei den
Sozialleistungen und bei allem, was für
die Beschäftigten nützlich ist. Außerdem
soll laut der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO) die Krise bis Ende
2009 in der ganzen Welt 20 Millionen
Arbeitslose mehr verursachen. In
Österreich sind laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut
bis zu 100.000
Arbeitsplätze gefährdet. So oder so wird
also die ArbeiterInnenschaft wieder
zahlen müssen, um die Wirtschaft der
KapitalistInnen zu retten.
Diese Krise macht zwei Aspekte
offensichtlich. Erstens enthüllt sie die
Heuchelei unserer PolitikerInnen, die
noch vor ein paar Monaten mit
Entschiedenheit behaupteten, dass es für
unsere Pensionen, Gesundheitssysteme
und öffentlichen Betriebe kein Geld mehr
gab. Heute wird offensichtlich, dass es
mehr als genug Geld gäbe, um den
Grundbedürfnissen der Gesamtbevölkerung
gerecht zu werden – aber sie
werfen es lieber den Banken in den
Rachen! Zweitens wird klar bewiesen,
dass der Markt sich nicht selbst reguliert,
wie uns die VerfechterInnen des Kapitalismus
regelmäßig erklären: die Investor-
Innen, die heute ihr Geld nicht mehr an
der Börse anlegen wollen, haben selbst
kein Vertrauen mehr in ihre eigene
Wirtschaft…
Bis vor kurzem haben sich die
KapitalistInnen noch dumm und dämlich
verdient. Zwischen 2003 und 2008 stieg
der österreichische Aktienindex um
234,07 %! (Das könnte doch einmal ein
Richtwert für Lohnerhöhungen sein!) Das
be-deutet Millionen Euro an Gewinnen
für die Superreichen. Und jetzt kommen
sie heulend angekrochen und lassen sich
ihre Verluste von uns finanzieren.
Also wird heute von Regulierung und
Kontrolle, ja sogar von Verantwortung
geredet. Und während man der
ArbeiterInnenschaft das Geld raubt und
die Lebensbedingungen verschlechtert,
um die Finanzmärkte weltweit wieder
zum Funktionieren zu bringen, wird von
den Schuldigen mit heuchlerischer Wut
verlangt, ab jetzt mit „Vernunft“ im
Finanzsektor zu handeln. Als ob man
Milch von einem Ziegenbock erwarten
könnte!
Schnell viel Geld machen – auf unsere
Kosten!
Die Finanzriesen führen den Spekulationswahnsinn
natürlich munter weiter.
Das ist so, weil sich diese Leute
gegenüber der allergrößten Mehrheit der
Bevölkerung keiner Rechenschaft
schuldig fühlen. Ihr Ziel ist einfach,
möglichst schnell das meiste Geld zu
machen. Dass sie dabei die ganze
Gesellschaft in die Katastrophe führen,
ist ihnen egal. Verantwortungslosigkeit
und Geschäftsgeheimnis sind wesentliche
Bestandteile des Kapitalismus.
Es wäre aber mehr als notwendig, der
Diktatur der KapitalistInnen über die
Gesellschaft die Stirn zu bieten. Das
Mindeste wäre, kein öffentliches Geld in
Banken zu stecken, die selber Schuld
sind, in Schwierigkeiten geraten zu sein,
sondern sie ohne Entschädigung zu
enteignen, damit sie endlich für das Wohl
der Gemeinschaft arbeiten können. Eine
solche Maßnahme können wir aber
natürlich von unseren Regierungen nicht
erwarten.
Die KapitalistInnen und ihre Lakaien, die
bürgerlichen PoitikerInnen, tun alles, um
ein wirtschaftliches System zu retten, das
wieder einmal bewiesen hat, dass es den
ArbeiterInnen nichts Nützliches mehr
bringen kann. Er kann nur mit wiederkehrenden
Krisen funktionieren, deren
Kosten immer die Lohnabhängigen
tragen. Letztendlich wird es also
notwendig sein, dieses System zu stürzen
und es durch eine andere Wirtschaft und
Gesellschaft zu ersetzen: eine demokratische,
eine sozialistische Gesellschaft,
die nicht nur nach den Profitinteressen
einer winzigen Minderheit funktioniert,
sondern nach den Bedürfnissen der
Bevölkerung. Für die Menschheit ist das
die einzige realistische Perspektive.





Ihre / Deine Hilfe ist gefragt!

Dieses Flugblatt wurde gemeinsam
von der RSO (Revolutionär
Sozialistische Organisation) und von
Kolleginnen und Kollegen von
Siemens herausgegeben. Wir freuen
uns über Rückmeldungen, Kritik und
Lob. Wir helfen auch gerne bei der
Vernetzung von kritischen
KollegInnen aus verschiedenen
Bereichen!
Schreib uns an: rso@sozialismus.net
oder an RSO, Postfach 62, 1152
Wien.


www.sozialismus.net
Impressum: MVH: RSO, Pf. 62, 1150 Wien



Anonymer Benutzer 01.04.2009 19:29
Mit 1.4.2009 ist es nun soweit: Die PSE ist Geschichte! Sie wurde zerschlagen bzw. auf mehrere Bereiche aufgeteilt.

Und was hat der PSE-Betriebsrat unternommen?
Er lobt täglich das gute Gesprächsklima mit Fr. Ederer und bietet Tipps zu CV und Bewerbungstraining an. Auch das Problem wird bald gelöst sein, wenn der PSE-Betriebsrat Geschichte ist.
Anonymer Benutzer 15.04.2009 21:52
Was der PSE-Betriebsrat dagegen unternommen hat, war, eine Demo und eine Betriebsversammlung gegen die Zerschlagung zu organisieren. Es hat leider nichts genützt. Vielleicht hätten wir Frau Ederer im Bau 33 einsperren sollen wie es Belegschaften in Frankreich mit ihren Managern veranstalten - aber leider auch nur mit Teil-Erfolgen etwa in Form von weniger Entlassungen oder weniger Lohnkürzungen.
Anonymer Benutzer 03.05.2009 16:06
Was spricht dagegen?

Das ist der erste vernünftige Vorschlag, den ich in letzter Zeit gehört habe.
Wenn sich die Manager an "globalen Standards" orientieren, müssen auch wir uns dieser Situation anpassen. Offensichtlich sind wir in Österreich noch meilenweit davon entfernt.
Anonymer Benutzer 08.11.2008 21:39
Siemens kündigt zur Zeit im großen Stiel mMitarbeiter mit dem dem Ziel diese durch junge billige Kräfte zu ersetzen. In diesm Zusammenhang werden in großen Maße Schwerbehinderte und Gleichgestellte angegangen. Die Zahl der Schwerbehinderten denen eine Alterteilzeit oder ein Aufhebungsvertrag ist doppelt so hoch wie die Anzahl der Nichtschwerbehinderten Mitarbeiter.
Diemen versucht sonit auf Kosten der Allgemeinheit seinen Aktionären ein besseres Ergebnis zu präsentieren.
Anonymer Benutzer 02.02.2009 19:39
Lt. neuesten Informationen plant Siemens mit 1.4.2009 international ca. 1500 PSEler (von ca. 5000) in die neue Abteilung CT zu verschieben.
Was ein derart großer Teil in der CT machen soll bzw. was mit der Rest-PSE passieren wird, ist fraglich.

Offensichtlich wird hier das Prinzip "teile und herrsche" angewendet, d.h. die PSE wird in mehrere Teile gespalten und dann scheibchenweise abgebaut.
Anonymer Benutzer 03.02.2009 23:26
Ich stimme Dir zu, dass die Verschiebung von angeblich über 1000 PSE-KollegInnen international in eine österreichische CT allein noch keinerlei Auftragsgarantie für diese KollegInnen bedeutet. Angeblich hat der CT-Chef Achatz auf der Führungskräfteveranstaltung letzten Freitag eine solche Garantie auch nicht aussprechen wollen.
Die Strategie der Firma, die PSE durch das Prinzip "Teile und Herrsche" zu schwächen und scheibchenweise abzubauen ist für mich offensichtlich. Wir werden entsprechenden Widerstand entgegensetzen müssen, wenn wir nicht alle miteinander untergehen wollen.
Anonymer Benutzer 17.03.2009 16:15
...soviel zum Corporate Social Responsibility (Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen). Bereits im Unternehmensbericht 2005 ist zu lesen: "Eine neue Welt des Unternehmungsgeistes tut sich auf" - Ein Schelm der Böses dabei denkt...
B.Troffene