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Die Frauen von Bellinzona

erstellt von dave — zuletzt verändert: 08.11.2008 20:25
Ein Bericht über die AG-Frauen auf dem 2. Gewerkschaftstreffen der UNIA Herbst 2008 im Tessin in der Schweiz. Die Arbeiterinnen der SBB-Werkstätten in Bellinzona haben 4 Wochen lang gestreikt und ihren Betrieb besetzt und damit die Schließung der Officina verhindert.
Die Frauen von Bellinzona sind die Ehefrauen der Männer die in den Werkstätten (Officina) der Bahn in Bellinzona arbeiten. Die meisten sind Hausfrauen und Mütter, mache arbeiten in prekären Verhältnissen. Die Männer bekamen unerwartet ihre Kündigung, damit fing der Streik an.

Die Frauen und Männer waren überrascht und sprachlos miteinander. Die Ehemänner redeten nicht mit ihren Frauen, die Frauen waren alleine, isoliert. Sie weinten viel und hatten Depressionen. Nach und nach gingen die Frauen alleine von sich aus zu den Werkstätten. Dort trafen sie auf die anderen Ehefrauen, die sich ebenfalls auf den Weg in die Werkstätten gemacht hatten. Sie waren hilflos, voller Sorge und weinten viel, es war ein Ausspruch der Emotionen, sie sind immer wieder zusammengebrochen.

Sie hatten Angst vor der Arbeitslosigkeit, im Tessin gibt es kaum Arbeit und sie hatten Angst davor was ihre Männer machten, den Streik. Ein großes Problem war die Sprachlosigkeit zwischen den Eheleuten.

Eine Woche vor dem 8. März gab es eine Demonstration zu dem Streik, mit ca. 500 Leuten. Es hatte sich rumgesprochen das die Ehefrauen in die Werkstätten gehen und dort für den Streik arbeiteten. Sie machten alles was an Arbeit anfiel. Am 8. März fand eine Demonstration mit 8000 Menschen statt. Die Frauen waren sehr beeindruckt. Damals wollte das Radio und Fernsehen Interviews mit den Frauen machen, sie haben aber nicht geredet.

Am 12. März kamen 500 Kinder mit ihren Müttern in die Werkstätten (Officina), die Frauen die schon dort waren, haben ihnen alles gezeigt und die Mütter haben gesehen das sie sehr viel machen können. Es waren auch Frauen dabei, deren Männer nicht in den Werkstätten arbeiten.

Etwa in der Mitte des Streiks, bildete sich eine Frauengruppe. Zu der Zeit kam eine Therapeutin und Schauspielerin. Sie fing an mit den Frauen eine Theatergruppe zu bilden. Zuerst war die Theatergruppe schlecht besucht, sie waren skeptisch. Dann wurden sie aber immer mehr. Die Frauen hatten alle eine unterschiedliche Geschichte, über die Theatergruppe haben sie sich besser kennen gelernt.

Am Anfang haben die Frauen auch dort sehr viel geweint, die Arbeit und die Theatergruppe hat sie aber aus ihrer Traurigkeit und Sprachlosigkeit rausgeholt. Das Bedürfnis zusammen zu kommen ist immer stärker geworden., sie haben ihre Erfahrungen auf das Podium gebracht.

Durch die Gruppe sind die Frauen stärker geworden. Manche Frauen waren zuerst wütend auf ihre Männer, weil sie nicht mit ihnen geredet haben. Durch die Arbeit und den Prozess in den Werkstätten ist das Verhältnis zu den Männern gut geworden. Sie fingen an zu reden und haben nun sehr viel miteinander geredet, sie haben sich abgesprochen und informiert. Die Essensräume waren sehr voll und die Stimmung gut. Wenn die Frauen in die Essensräume gekommen sind, sind die traurigen Emotionen gekippt. Die Werkstätten waren für die Frauen wie eine Explosion

Am Anfang haben sie geglaubt das der Chef ihnen hilft, hat er aber nicht, es gab viel Wut auf den Chef. Es gab jeden Tag eine Sitzung mit dem Streikkommitee und jeden Sonntag eine Volksinformantin. Die Frauen sind viel rumgereist und haben z.B. in Fachhochschulen von ihrer Streikarbeit erzählt.

Durch den Streik wurde das Geld knapp, z.B. gab es kein Geld mehr für die Kinder, damit sie studieren können, aber in den Werkstätten konnten sie viel tun. Früher hätten sie nie die Gewerkschaft wegen ein Problem angerufen, jetzt machen sie es. Sie sind Teil der Geschichte des Streiks um die Werkstätten in Bellinzona. Sie haben erlebt das es ein Tief gibt, aber das sie wieder aufstehen können.

Sie haben gemerkt das noch viele andere Dinge nicht stimmen und die sozialen Widersprüche sehr groß sind z.B. die Situation von Schwangeren und die Kinderunterbringung. Es gibt 10 000 Kinder im Tessin im Alter von 0 -4 Jahren, aber es gibt nur 100 Kindergarten Plätze. Erst für Kinder ab 5 Jahren gibt es mehr.

Solidarität haben sie sehr viel von Studenten, SchülerInnen und Kindern bekommen. Es wurde viel Geld und Essen gespendet.

Ein Teil der Frauen arbeitet weiter in der Theatergruppe, die auch rumreist, es wird aber mit einem italenischem Dialekt gesprochen. Sie wollen weitermachen, wissen aber noch nicht wie. Der Prozess hat die Frauen verändert, sie haben sehr viel nachgedacht und festgestellt nichts ist unmöglich.

 

Die Frauen haben sich über die Darstellungen im Film sehr geärgert und ihre Kritik schriftlich gemacht. Es wurde nur darüber berichtet was die Männer machen, nicht was die Frauen gemacht haben. Es wird nicht dargestellt wie die Frauen sich durch den Prozess verändert haben, dass die Traurigkeit und Depressionen weg sind. Nun wird es noch einen Film geben, in dem die Frauen zu Wort kommen.

 

 

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