Die Abgabe der Stimme

erstellt von Standpunkt-Redaktion — zuletzt verändert: 01.01.2010 23:06
Wir lesen in letzter Zeit und in den nächsten Monaten in Zeitungen, Flugblättern oder in verschiedenen Gewerkschaftspublikationen, wie toll und wie kühn die Interessenvertreter in den Betriebsräten und Aufsichtsräten sind. Kein Wort kommt aus ihren Mündern, ohne dass es sich auf die bevorstehenden Wahlen bezieht. Alle Interessenvertreter wollen nur das Beste für uns. Mit welcher Zielsetzung und auf welchem Weg dies erreicht werden soll bleibt uns jedoch oft verborgen. Und wenn doch mal genauere Ziele und Wege benannt werden, dann werden diese durch Bürokraten und Apparatschiks an unseren tatsächlichen Interessen vorbei festgelegt. Die Interessenvertreter haben ihre eigenen Ziele und Interessen, die sie mit unseren Stimmen und Interessen verfolgen, sonst würden sie uns vorher entscheiden lassen wohin unsere Reise gehen soll.

Die anstehenden Betriebsratswahlen und Wahlen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ist jedoch nur für die Kandidaten wichtig. Aber warum? In dem Moment wo die eigene Stimme an eine elitäre Gruppe von Betriebsrat- oder Gewerkschaftsfunktionären abgeben wird, haben diese mit der Stimmenabgabe der Wähler ihren Freibrief erhalten nun ihre eigenen Ziele verfolgen zu können. Dann geht es nur noch um das Machtmonopol über die Interessen der Wähler und den Erhalt dieser Macht im eigenen Interesse. Und wehe dem wir wagen es diese Politik zu kritisieren. Dann haben wir auf einmal keine Ahnung mehr oder wir schädigen angeblich den Erfolg aller derer die ihre Stimme und ihre Interessen an die Mandatsträger abgegeben haben. Doch tatsächlich erheben sich unsere kritischen Stimmen gegen eine diktatorische Machtergreifung über unsere Interessen und unsere Zukunft.

Die Machthaber über unsere Interessen agieren dann wie Götter, die nun nach ihrem Empfinden die Weisheit gefressen haben. Doch tatsächlich begeben sich diese „Götter“ in eine Welt in der allein die Unternehmensmanager das Sagen haben und sie nur deren Sagen hinterher laufen dürfen. Und selbst dabei agieren sie nur mit den Mitteln die ihnen ihre eigentlichen Gegner, die Unternehmensmanager und deren Marionetten in der Politik, zur Verfügung stellen. Es waren und sind nicht die Arbeiter und Angestellten die die Gesetze schreiben nach denen sich deren Interessenvertreter in ihrem Amt verhalten sollen. Immer wieder werden diese Gesetze durch die Politiker zu Gunsten der Unternehmen verändert, womit zwar der Schein der Demokratie gewahrt wird, es aber tatsächlich nur um die zunehmenden Möglichkeiten der Gewinnmaximierung durch die Unternehmer geht.

Oft, sehr oft, gehen jedoch unsere Ziele und Interessen viel weiter als es die Gesetze für die Interessenvertreter im Betriebs- oder Aufsichtsrat zulassen. Die Wahrnehmung unserer eigenen Interessen durch uns selber möchten Politiker, Manager und Gewerkschaftsapparatschiks mit den Wahlen von Interessenvertretern und deren Bindung an die unzureichenden Gesetzen verhindern. So müssen die Manager der Unternehmen und ihre Marionetten oft nur eine Hand voll Interessenvertreter durch teilweise dubiosen Mitteln für sich gewinnen, um gegen die Mehrheit im Betrieb, uns Beschäftigten, ihre Politik der Gewinnmaximierung durchzusetzen. Durch eine Interessenvertretung soll letztendlich der Einfluss auf unsere wahren Interessen gewonnen und kontrolliert werden.

Durch die Abgabe unserer Stimmen und Interessen an Interessenvertreter sollen wir nicht nur unsere wahren Interessen abgeben, sondern mit einem Kreuz auf dem Stimmzettel auch die Verantwortung für unsere eigene Zukunft abgeben. Müssen wir unsere Stimme abgeben und uns letztendlich den Managern ergeben? Mit der Hoffnung, dass die die man wählt es schon machen werden, gibt man jedoch an die man wählt auch seine Interessen ab. Ein Betriebsratmitglied oder ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wird nie unsere Interessen über seine eigenen stellen. Die Mehrheit der Betriebsräte denken noch immer, mit den Stimmen der Wähler auch deren Interessen zu besitzen. Wäre es nicht so, wäre die Arbeit jedes Interessenvertreters von Beginn an sinnlos, denn dann würden wir Beschäftigten immer gemeinsam über unsere Belange und das des Betriebes in unserem Sinne entscheiden. Die Mandatsinhaber wären dann nur noch Berater bei der Vertretung unserer aller Interessen als Beschäftigte.

Eine Interessenvertretung durch uns Beschäftigten selber ist auch eine Frage des Kräfteverhältnisses. Dazu braucht es auch viel Wissen, aber nicht das Herrschaftswissen einiger weniger Interessenvertreter, sondern das Wissen in den Köpfen der Mehrheit was unsere Interessen sind. Wissen ist Macht, nichts wissen macht die Herrschaftswissenden nur stärker. Wenn wir uns Wissen aneignen, können wir dieses Wissen auch in unserem eigenen Interesse einsetzen. Wenn die Beschäftigten als Mehrheit im Betrieb das Vorgehen einiger weniger Manager nicht will, dann stehen schnell einmal die Räder still. Wir brauchen keine Chefs um den Betrieb am laufen zu erhalten, aber die Chefs brauchen uns um ihre Gewinne mit uns im Betrieb zu machen.

Gehen wir zukünftig mit dem Wissen unserer Mehrheit als Beschäftigte, mit dem Wissen wie unser Betrieb funktioniert oder funktionieren sollte und mit dem Wissen wie die Umsetzung unsere Interessen tatsächlich aussehen soll einen gemeinsamen Weg. Dabei sollten wir unsere Stimme nicht an Vertreter mit ihren eigenen Interessen abgeben, sondern unsere Stimme allein in unserem Interesse als Beschäftigte erheben. Nur mit einer geeinten Stimme aller Beschäftigten können wir auch die Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten verändern und nutzen. Kein anderer als wir selber sind für unsere Situation verantwortlich zu machen, solange wir unsere Zukunft nicht in die Hände anderer geben. Nur wer die Verantwortung für seine Zukunft in den eigenen Händen hält kann sie auch in seinem Interesse gestalten.

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