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Versuchter Freikauf vom grundlegenden Neuanfang

erstellt von Standpunkt-Redaktion — zuletzt verändert: 07.02.2010 15:13
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG hat sich am 28.01.2010 beim Regierenden Bürgermeister von Berlin ein weiteres Mal aus seiner Verantwortung freigekauft. 70 Mio. Euro Entschädigungen für die Fahrgäste der Berliner S-Bahn ist ein Schuldeingeständnis, aber kein Freibrief ein weiteres Jahr lang die Fahrgäste im Schnee, Regen und in der Sonne stehen zu lassen. Ein systematischer Neuanfang bei der Berliner S-Bahn ist auch durch diesen Versuch die Meinung der Fahrgäste und Mitarbeiter einzukaufen nicht geschaffen worden.

Was passiert mit den Lohnausfällen der Mitarbeiter die durch ihre Vorgesetzen nach Hause geschickt wurden? Was ist mit dem Ausfall von Zuschlägen für die Fahrpersonale deren Zugleistungen ausfallen sind, mit denen die Mitarbeiter aber jeden Monat haushalten müssen? Was ist mit dem Stopp der Ausschreibung der S-Bahn-Leistungen durch den Berliner Senat, welche auf dem Rücken der Mitarbeiter der S-Bahn und ihren Löhnen und Arbeitsbedingungen ausgetragen wird? So hat der DB-Vorstand nur eine öffentliche Beruhigungspille an den Berliner Senat und an die Fahrgäste der Berliner S-Bahn verteilt, aber keinen Schritt zu einer grundlegenden Kursänderung in der Unternehmenspolitik bei der S-Bahn Berlin GmbH aufgezeigt. So soll nur das eigentliche Problem der Bahn, die Gewinnmaximierung auf Kosten der Fahrgäste und Mitarbeiter, in den Hintergrund gedrängt. Die Fahrgäste der Berliner S-Bahn sollen sich ganz offensichtlich nicht mehr mit den derzeitigen und den noch zu erwartenden Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr beschäftigen, sondern allein nur noch mit der Frage welchen Anteil sich jeder einzelne Fahrgast von den so toll präsentierten 70 Millionen Euro ergattern kann. Täglich 1,84 Euro für jeden Abo-Kunden.

Halbherzige Entschädigungszahlungen gehen mit halbherzigen Maßnahmen im Betrieb der S-Bahn einher. Die befristete und provisorische Wiedereröffnung der Betriebswerkstatt Friedrichsfelde ist nur ein Beispiel und der befristet Bestand des Werk Schöneweide ein nächstes Beispiel. Und so werden Beschäftigte aus anderen Bereichen der DB vorübergehend, bis Ende 2010, abgezogen und bei der Berliner S-Bahn eingesetzt. Und dann? Gleichzeitig baut sich ein Wartungsrückstand in den anderen Bereichen der DB auf. Es ist somit nur eine Frage der Zeit, wann es z.B. bei der DB-Regio AG zu gleichen Verhältnissen wie bei der Berliner S-Bahn kommt. Noch kann die DB den zunehmenden Ausfall von Loks und Waggons durch andere Züge aus dem gesamten Bundesgebiet ausgleichen. Doch immer weniger Niederlassungen der DB-Regio AG sind in der Lage mit ihrer nicht vorhandenen Fahrzeugreserven in anderen Bereichen auszuhelfen. Diese Situation ist durch das technisch abgeschlossene System der Berliner S-Bahn dort viel offensichtlicher geworden als in den anderen Bereichen der Bahn.

So fahren nun im durch die DB-Regio AG gestellten S-Bahn-Ersatzverkehr S-Bahn-Züge für den Raum München, Stuttgart oder Frankfurt/M.. Diese Fahrzeuge kommen teilweise direkt aus dem Hennigsdorfer Werk von Bomardier und werden damit im mit Fahrgästen besetzten Probebetrieb gefahren. Der Schienenfahrzeughersteller Bombardier teilt sich dadurch die Kosten für die notwendigen Probefahrten der Fahrzeuge mit der DB-Regio und zeigt ganz deutlich welche Schwierigkeiten die DB-Regio AG allein durch den minimal zu bewältigenden S-Bahn-Ersatzverkehr zwischen Berlin-Ostbahnhof und Potsdam Hbf hat. Die DB-Regio Nord/Ost konnte schon bei witterungsbedingten Streckensperrungen im Raum Lübbenau nicht mehr den Zugbetrieb durch eigene Reservezüge aufrecht erhalten und setzte die Züge des S-Bahn-Ersatzverkehrs im regulären Betrieb ein.

Die Politik des DB-Vorstandes besteht noch immer nicht aus der Festanstellung und den Erhalt von ausreichend Personal in den Werkstätten, auf den Bahnsteigen und in den Zügen, sondern besteht im 70 Mio. teuren Einkauf von Frust, Unverständnis und Wut der Fahrgäste über die skrupellose Unternehmenspolitik der Gewinnmaximierung bei der Bahn auf deren Kosten weiter. Jedoch sollte sich kein Fahrgast sein Interesse an einem funktionierenden und bezahlbaren Nahverkehrssystem abkaufen lassen. Und kein Mitarbeiter sollte sich durch billige Polemik eines Managers mit Millionen schwerem Gehalt eine angebliche Sicherheit seines Arbeitsplatzes aufschwatzen lassen. Das gesamte Kartenhaus der Deutschen Bahn, bestehend aus den ständig steigenden Ticketpreisen für die Fahrgäste und dem weiter fortschreitenden Verlust der Arbeitsplätze bei den Beschäftigten, wird in sich zusammenfallen wie es bei der Berliner S-Bahn seinen Anfang genommen hat und unter den bestehenden Bedingungen aus Angst, Lügen und Repressionen kein Ende finden.

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