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Kottmann, der Illusionist

by swiss posted on 21.02.2010 18:34 last modified 21.02.2010 18:34

Kottmann versteht es meisterhaft, beliebige Zahlen aus dem Hut zu zaubern, je nachdem, was er beweisen will.

An der Aktionärsversammlung im April 2009 beispielsweise hat Kottmann erklärt:

Die Bilanz unseres Unternehmens ist weiterhin sehr gesund. Wir verfügen über eine ausreichende Liquidität und haben keine Notwendigkeit, uns bis Mitte 2011 zu refinanzieren. Damit befinden wir uns in einer sehr guten Situation in einer Zeit, in der Kredite entweder nicht zu haben oder wirtschaftlich nicht tragbar sind.“

Und der „Badischen Zeitung" hat er eben erst verraten:

Inzwischen haben wir eine Liquidität von über einer Milliarde Schweizer Franken und stark reduzierte Nettoschulden von 545 Millionen.“

Ist ein Unternehmen mit einer Milliarde in der Kasse ein Sanierungsfall? Wohl kaum! Dennoch tut Kottmann die ganze Zeit so, als stünde Clariant am Abgrund.

«Das ist für uns fast Selbstmord», hat er beispielsweise erst vor ein paar Tagen auf SR DRS die Produktionsbedingungen in Muttenz beschrieben. Und im gleichen Atemzug erzählt er: «Wir kaufen Rohstoffe in Asien, fahren sie in die Schweiz, produzieren zu sehr hohen Kosten und fahren diese Produkte wieder nach Asien zu den Kunden.» Auf den ersten Blick ist es bestechend einleuchtend, wenn unnötige Transportwege vermieden und so Transportkosten gespart werden sollen. Allerdings sind die Transporte weltweit nach wie vor erstaunlich billig: Beispielsweise kostet ein Container per LKW von Hamburg nach Basel etwa gleich viel wie per Schiff von Asien nach Europa. Darum werden auch weiterhin Waren mehrmals von einem Land ins andere oder sogar von einem Kontinent zum andern verschoben, wenn damit Lohnkosten gespart werden können.

Und genau darum geht es Kottmann: um Lohnkosten und nicht um Transportkosten! Für ihn sind die Beschäftigten in Muttenz zu teuer. Darum will er dort die Produktion schliessen und nach China verlagern. Wenn er unbedingt Lohnkosten sparen will, warum geht er dann nicht mit dem guten Beispiel voran? Wie die NZZ herausgefunden hat, lässt sich Kottmann jährlich 4.3 Millionen Franken auszahlen. Dazu kommt eine einmalige Entschädigung von 3.4 Millionen für den Umzug von Deutschland in die Schweiz! Selbst die NZZ findet das daneben und schreibt: „Je schlechter die Performance, umso höher die Bezüge der Führungscrew.“

Doch wie schlecht geht es Clariant wirklich? Wie zuverlässig sind die vorgelegten Zahlen? Bei dem angeblichen Verlust von 194 Mio. jedenfalls handelt es sich um einen „Buchhaltertrick“: Für sog. „Restrukturierungskosten“ sind künstlich Rückstellungen von mehreren hundert Millionen verbucht worden, die nichts mit dem Betrieb (dem sog. „operativen Geschäft“) zu tun haben. Daraus hat sich dann der rein rechnerische Verlust von 194 Mio. ergeben. Denn diese „Restrukturierungskosten“ fallen erst dann an, wenn beispielsweise die Produktion in Muttenz geschlossen und ein neues Werk in China gebaut wird. Das Perverse an der Sache ist, dass die fiktiven „Buchverluste“ (die Rückstellungen für die späteren Restrukturierungen) als Propagandalüge gebraucht werden, um die angebliche Notwendigkeit von „Sanierungsmassnahmen“ zu begründen.

Wenn es Clariant wirklich so schlecht ginge, wie Kottmann gegenüber der Öffentlichkeit (nicht gegenüber den Aktionären!) vortäuscht, woher kommt dann die Milliarde in der Kasse? Wie die Handelszeitung berichtet, hat Clariant den sog. „Cashflow“ (den Nettozufluss flüssiger Mittel) von 391 auf 757 Mio. gesteigert. Darüber wird allerdings nicht gesprochen, wenn es um Stellenabbau und Produktionsverlagerung geht. Dann ist immer nur von „Riesenverlusten“ und „tiefroten Zahlen“ die Rede. Ganz so, als stünde Clariant vor der Pleite.

Um den Leuten Sand in die Augen zu streuen, werden ausserdem Illusionen in einen „Industriepark“ geschürt. So hat Kottmann gegenüber der Badischen Zeitung erklärt: Muttenz ist Verwaltungs- und Produktionsstandort. Den Produktionsteil wollen wir in einen Industriepark überführen.“ Dabei gaukelt er vor, Clariant wolle in Muttenz neue Industriearbeitsplätze schaffen. In Wirklichkeit geht es Kottmann nur darum, die Produktion nach China zu verlagern. In die leerstehenden Hallen kann dann einziehen, wer will. Ein trügerische Hoffnung! Ausserdem hat selbst Kottmann im letzten Sommer in einem Interview (Finanz und Wirtschaft, 10.07.09) zugegeben: „Eine Chemiefabrik ist ja nicht so rasch und einfach zu verlegen.“

Genauso unglaubwürdig wie der „Industriepark“ ist Kottmanns Geschwätz von den „Innovationen“, die ab 2011 bei Clariant „wieder eine Schlüsselrolle spielen“ sollen. Warum erst 2011? Und woher sollen diese kommen, wenn Kottmann sogar bei der Forschung spart? Warum wird die Milliarde in der Kasse nicht für die Entwicklung neuer Produkte verwendet statt für die unsinnige Verlegung einer Chemiefabrik nach China? Eine mögliche Antwort hat indirekt der Wirtschaftsjournalist Reto Lipp in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens gegeben: „Ein Szenario ist eben, dass Clariant jetzt noch einmal ganz hart restrukturiert wird und dann in ein bis zwei Jahren verkauft wird.

Wird Kottmanns Rechnung aufgehen und Clariant den Spekulanten zum Frass vorgeworfen? Oder wird es uns als Belegschaft gelingen, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen? Am besten schickt Clariant Kottmann so schnell wie möglich wieder dorthin zurück, woher er gekommen ist! Und damit liessen sich erst noch Kosten sparen: 4.3 Millionen jährlich...

 

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