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Die Berliner S-Bahn, ein potjomkinsches Dorf

erstellt von Standpunkt-Redaktion — zuletzt verändert: 26.01.2010 00:18
Nun wird der Öffentlichkeit und den Mitarbeitern der Berliner S-Bahn durch die Manager der S-Bahn mit der provisorischen Wiedereröffnung der Betriebswerkstatt Friedrichsfelde ein potjomkinsches Dorf vorgeführt. Es handelt sich um eine Wiedereröffnung auf Zeit unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen für die dort eingesetzten Mitarbeiter.

Wer in der wieder eröffneten Betriebswerkstatt nun freiwillig arbeitet wird dies nicht mit der Aussicht auf den Orden „Held der Arbeit“ tun. Denn retten werden die dort mit gutem Willen angetretenen 16 Mitarbeiter nichts, jedoch lassen sie sich von den Geschäftsführern der S-Bahn und dem Betriebsratsvorsitzenden dafür benutzen, dass diese sich in der Öffentlichkeit gut verkaufen und darstellen können. Grundsätzlich verbessert sich durch diese völlig unzureichende Maßnahme bei der S-Bahn nichts. U.a. auch, weil genau die Fachbereichs-, Bereichs- und Abteilungsleiter weiterhin die Verantwortlichkeit für den Betrieb der S-Bahn an sich ziehen, die auch für die entstandenen Zustände bei der Berliner S-Bahn mitverantwortlich sind.

Dabei muss gleichzeitig die Frage gestellt werden, wo kommen eigentlich die 160 zusätzlichen Werkstattpersonale für die S-Bahn her? Vorwiegend kommen sie aus dem Werk Cottbus, wo sie einst die Züge des Regionalverkehrs gewartet haben. Doch wer führt derweil die Wartung der Regionalbahnzüge in Cottbus aus? Fahren keine Regionalzüge mehr? Nach Aussagen von Beschäftigten aus dem Werk Cottbus wurden bei der DB-Regio AG die Wartungsintervalle für die Züge, wie bei der Berliner S-Bahn, gestreckt, damit Personal, wie bei der Berliner S-Bahn, eingespart werden kann.

Man bedenke, dass der oberste Optimierungsbeauftragte der Deutschen Bahn, Ulrich Thon, nach seinem Optimierungsfeldzug bei der Berliner S-Bahn zur übergeordneten DB-Regio gewechselt ist. So muss auch aus diesem Grund damit gerechnet werden, dass es demnächst nicht nur die S-Bahn-Züge sind die ins Fadenkreuz des Eisenbahnbundesamtes (EBA) geraten, sondern auch die Regionalbahnzüge in Brandenburg und Berlin, wenn es auch dort wegen Versäumnissen bei der Wartung der Züge zu weiteren “unerwarteten“ Ereignissen im Bahnbetrieb kommt. So sprechen Mitarbeiter bei der DB-Regio AG über die Bedingungen in ihrem Bereich ganz offen von Verhältnissen wie bei der Berliner S-Bahn. Im Fernverkehr der DB sind diese Verhältnisse nicht anders, wie Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen berichten.

Wo nun die Berliner S-Bahn mit Personal aus anderen Bereichen des DB-Konzerns und externen “Personalanbietern“ (Sklavenhändler?) versorgt wird, geschieht dies ohne jeglichem Personalkonzept der Geschäftsführung. Dabei haben die Mitarbeiter längst ein eigenes Konzept aufgestellt. Unbefristete Einstellung von mindestens 1300 Mitarbeiter für die Bereiche der Werkstätten, des Services und des Zugbetriebes auf dem Tarifniveau der derzeitigen S-Bahner. Hinzu kommt die 30 Stunden/Woche bei vollem Lohnausgleich und damit Arbeit für alle S-Bahner auf einem leistungsfähigen Niveau für einen reinen auf die Kunden orientierten S-Bahn Betrieb. Den für dieses Jahr vom DB-Konzern für sich avisierten Gewinn bei der S-Bahn von 25 Mio. Euro wollen die Beschäftigten zukünftig allein zur Verbesserung des Services an ihren Kunden und zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einsetzen.

Noch immer will die Geschäftsführung der S-Bahn durch kurzfristige Personalentscheidungen nur erreichen, dass sich die Auswirkungen der weiterhin bestehenden Krise bei der S-Bahn verbessern, aber nicht, dass die Ursachen für die Krise beseitigt werden. Dies geschieht nun nicht mehr vordergründig auf Kosten der Sicherheit bei den Fahrzeugen, sondern auf Kosten der Beschäftigten. Und dort liegt die eigentliche Veränderung bei der S-Bahn. Denn die Beschäftigten haben kein Eisenbahnbundesamt das dem Managern auf die Finger haut, wenn es im Bereich des Personals unzumutbare und sicherheitsgefährdene Zustände gibt. Das müssen die Beschäftigen dann selber organisieren, denn selbst wenn Gewerkschaftsfunktionäre etwas ändern wollten tun sie es aufgrund ihrer Sozialpartnerschaft mit dem Unternehmen nicht. Und die Betriebsräte werden durch verschiedene Maßnahmen der Bahn-Manager eingekauft und so zu deren willigen Marionetten gemacht.

Derweil läuft alles so weiter wie es in der staatlich verordneten Börsenstrategie der Deutschen Bahn fixiert ist. Märkte sollen weltweit erobert werden und es sollen wie auf den bestehenden Märkten so viele Gewinne aus den Unternehmen heraus geholt werden wie möglich. Ob dies nun durch Einsparungen bei der Technik, durch Dumpinglöhne beim Personal oder durch Erhöhung bei den Ticket-Preisen erreicht wird ist den Managern egal. Irgendwo wird sich eine Gewinnzone aufzeigen und skrupellos genutzt. Und wer nun durch die beruhigenden Worte des DB-Vorstands und durch seine Handlanger in den einzelnen Unternehmen auf eine Verbesserung im System Bahn hofft, der wird sich über kurz oder lang eines Besseren belehren lassen müssen. So wird auch eine von der Politik geforderten Ausschreibung der S-Bahn-Leistungen nichts an einer Sparpolitik auf Kosten der Fahrgäste und Mitarbeiter ändern, denn auch die privaten Eisenbahnkonzerne wie Arriva, Veolia oder das Berliner Unternehmen des öffentlichen Rechts (BVG) wollen die S-Bahn nicht aus Liebe zur Stadt betreiben, sondern um so viele Gewinne wie möglich mit ihr zu machen.

So retten sich die Manager der S-Bahn derzeitig nur bis zur Ausschreibung des S-Bahn-Verkehrs im Jahr 2017 über die Zeit. Die provisorische Inbetriebnahme der Betriebswerkstatt und die befristete Einstellung von Personal aus anderen Bereichen der Bahn gehören nur zur Show-Veranstaltung der Bahn gegenüber der Öffentlichkeit. Eine grundlegende Veränderung bei der Bahn wird auch ein Regierender Bürgermeister von Berlin in seinen Gesprächen mit dem DB-Vorstandsvorsitzenden Grube nicht finden. So sind es auch genau diese Politiker, die ihre eigenen Antworten bei denen suchen die für chaotische Zustände verantwortlich sind, von denen die Betroffenen des Chaos und der Krise bei der Bahn nichts erwarten dürfen. Für die Beschäftigten sind es auch die Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte bei der Bahn die sich mit dem alleinigen Heben ihres Zeigefingers aus ihrer Mitverantwortung stehlen. So kann es keine Alternative geben, als dass es in erster Linie den Willen und das Engagement der Kunden und der Beschäftigten der Bahn braucht, um eine grundlegende Kursänderung bei der Bahn in ihrem Interesse herbeizuführen. Von keinem anderen als von sich selber sollte als aller erstes eine Veränderung erwartet werden, um etwas zu verändern.

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