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Siemens AG: 24 Stunden zu spät – Gnade vor Recht?

erstellt von widerspruch zuletzt verändert: 14.01.2012 16:00
Jeder kennt die Siemens AG als Weltkonzern, erfolgreiches DAX 1 Unternehmen mit einem Rekordgewinn von 4,1 Mrd. Euro im Jahr 2010 und federführend hinsichtlich der Bereitschaft sich öffentlich hinsichtlich sozialer, moralischer und ethnischer Werte selbst zu verpflichten. Dies hat sicherlich seinen Ursprung in den moralischen Ansprüchen des Firmengründers Ernst Werner von Siemens, der schon 1847 seinen Mitarbeitern gegenüber seine Verpflichtungen nicht nur definiert, sondern auch konsequent zeitlebens umgesetzt hat. Hieraus wurde schon früh der Begriff „Siemens-Familie“ begründet.

Auch heute noch fühlt sich die Familie Siemens und die jeweiligen Konzernleiter diesem Prinzip verpflichtet, was sich u.a. beispielhaft in der Stiftung eines Lehrstuhls für Wirtschaftsethik (u.a. fairer Umgang miteinander, mit den Kollegen unter ethischen Gesichtspunkten) an der TU München im März 2010 durch Herrn Löscher aus seinem Privatvermögen zeigt.

Umso erstaunlicher ist es jedoch, wenn im Zuge der letzten Betriebsausgliederung, (SIS -> ATOS) und der damit verbundenen Widersprüche, ein Fall eher nach Gutsherrenart denn nach einem sozialen, moralischen und fairen Arbeitsverhältnis abgehandelt wird.

Hier eine kurze Zusammenfassung: Eine langjährige Mitarbeiterin erkrankte kurz nach ihrem Widerspruch schwer, was bereits beim ersten Antrag auf Schwerbehinderung mit einer unbefristeten Schwerbehinderungsfeststellung durch das Integrationsamt bestätigt wurde. Wer das Feststellungsverfahren kennt und selbst durchlaufen hat weiß, dass in diesen Zeiten das Integrationsamt nur noch sehr restriktiv sofort unbefristete Schwerbehinderungen attestiert! Unglücklicherweise bekam die Kollegin zwischenzeitlich eine Änderungskündigung durch die Siemens AG mit einer Stellenzuweisung in Regensburg, sowie einer signifikanten Gehaltskürzung, welche sie nicht annahm! Fakt ist, dass der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte erst greift, wenn der Schwerbehindertenantrag beim zuständigen Amt eingegangen ist. In diesem sehr speziellen Fall hat scheinbar ein findiger Siemens Anwalt herausgefunden, dass diese Frist bei der Klägerin um 2 Tage zu spät, also um 48 Stunden, überschritten wurde.

Formaltechnisch ist die Siemens AG also auf der „sicheren Seite“ und handelt rechtlich korrekt! Aber gibt es nur diese Betrachtungsweise? Was ist mit Firmenethik, Sozialverträglichkeit, moralischer Verantwortung innerhalb der „Siemens Familie“?

Ist hier nicht der menschliche Aspekt mindestens genauso wichtig, eben unter den sozialen Kriterien, welchen sich die Firma selbstverpflichtet hat und welche immer wieder öffentlichkeitswirksam verkündet werden?

Gleichwohl, dass die Firma auch anders kann hat sie in einem Fall eines Widersprüchlers bewiesen, der selbst NICHT schwerbehindert ist, wohl aber ein schwerbehindertes Kind hat. Hier hat die Firma eine beispielhafte, einvernehmliche, sozialverträgliche Lösung gefunden: diesem Vater wurde nicht gekündigt und ist heute wieder ordentlich bei der Firma Siemens eingephast und geht einer geregelten Tätigkeit nach. Also: es geht doch!

Fehlende 48 Stunden mit einer Änderungskündigung zu ahnden, und damit billigend eine evtl. Verschlechterung des Gesundheitszustands durch den hohen psychischen Druck in Kauf zu nehmen, ist eine soziale Unverhältnismäßigkeit der Mittel, auch wenn dieses formell und juristisch zu rechtfertigen ist! Zumal sich die Frage stellt, warum ein Kollege äußert sozial behandelt wurde – als Härtefall- diese Kollegin jedoch durch’s Raster fällt, und hier aus unserer Sicht eine eindeutige Ungleichbehandlung vorliegt.

Wäre es nicht schön, einfach menschlicher und soviel sozial verträglicher, wenn – zumal unter dem Aspekt der Vorweihnachtszeit- hier ein Gesichtspunkt des auflagenstärksten Buchs zum Tragen käme

„Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind?“

Diesen guten Willen, dieses friedliche Miteinander, das man heutzutage zu oft vermissen muss, das wünsche ich allen und außerdem ein „Leben“ der sozialen Bekenntnisse, nicht nur Lippenbekenntnisse!

(6) Kommentare

Anonymer Benutzer 18.11.2011 08:31
Vielleicht wär ja dieser zugegeben sehr spezielle Fall geeignet für einen Beitrag auf der Siemens Hauptversammlung 2012 ???
Da könnten dann Fragen bzgl. “Sozialverantwortung” an den Vorstand gestellt werden...
Anonymer Benutzer 18.11.2011 08:44
Viele Entscheider bei Siemens denken nicht 48 Stunden weit. Wenn sie das könnten, wären sie keine Führungskraft. Dies habe ich in meinen 40 Jahren bei Siemens gelernt.
Anonymer Benutzer 21.11.2011 13:07
Letzendlich geht es nur 24 Stunden, die Angabe der 48 Stunden ist hier falsch! 24 Stunden zu spät bei einer Betriebszugehörigkeit > 20 Jahre! Keine Kulanz, kein Verständnis seitens SAG bei einem neuen zu erwartenden Rekordgewinn!
Anonymer Benutzer 21.11.2011 13:09
Was macht hier die Schwerbehindertenvertretung?

Wo bleibt hier das Engagement für die schwerbehinderten Kollegen?

Ach ja: siehe Artikel "Quo Vadis IG Metall"... kein Kommentar!
Anonymer Benutzer 21.11.2011 13:58
dieser artikel spricht doch alles aus was in fast jedem SAG mitarbeiter schon lange kocht. langsam fühlt man sich im konzert mehr wie verarscht. auch im hinblick auf die sogenannte mitarbeitervertretung der IG M. die helfen nur wenn man selbst in der gewerkschaft ist und sonst nicht. schon ein armutszeugnis. die zeiten einer familie bei der SAG sind schon lange vorbei, leider.
Anonymer Benutzer 21.11.2011 22:18
ihr sprecht mir alle aus der seele!
mittlerweile wurde dieser kollegin während einer 6 wöchigen REHA die unbefristete schwerbehinderung zugesprochen! nur siemens hat immer noch nicht reagiert! Auch fühlt sich die SAG Schwerbehindertenvertretung scheints immer noch nur "genervt von den ehem. SIS WSler!?"- mit welcher Interessenvertretung verdienen die ihr Geld?

man sollte bei der nächsten Wahl - hallo! wann gibt es eigentlich die nächste sozialwahl, wo der vorsitz gewählt werden muss/sollte, also Frau Aumiller?- auch für die Schwerbehinderten der CooB ? Seit mehr als einem Jahr hat man hier nichts mehr gehört! Alle Schwerbehinderten sind hier gefordert auf dieser Wahl ihre Meinung kundzutun, zu protestieren und gegen die lasche Unterstützung - ist das nicht schon Arbeitsverweigerung?- ABzuwählen! Wir sind mindestens so genervt wie der BR!!!